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"Jane Wayne Day" - den Kriegsalltag des Partners hautnah selbst erleben

26. Mai 2010

Im US-amerikanischen Militärlager Camp Pendleton wurde kürzlich ein "Jane Wayne Day" organisiert - Gelegenheit für Angehörige der Soldaten, die mentalen und körperlichen Herausforderungen ihrer Partner nachzuempfinden.

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Bild: Kerstin Zilm

Auf einem schattenlosen geteerten Platz, so groß wie ein Fußballfeld, marschiert eine Gruppe von dreißig Frauen im Gleichschritt, angetrieben von einem Drill-Meister in Tarnanzug. Sie tragen Jeans und T-Shirt, manche Sonnenbrille und Baseballkappe. Bei genauerem Hinsehen entdeckt man auch ein paar Männer unter den Marschierenden. Alle sind Partner von Marineinfanteristen und auf den Stützpunkt gekommen, um beim "Jane Wayne Day" mehr zu erfahren über den Alltag ihrer Männer und Frauen.

Der Ehemann von Elizabeth Diaz ist seit mehreren Monaten in seinem dritten Afghanistan-Einsatz. Der Tag auf dem Stützpunkt ist für sie eine willkommene Ablenkung von negativen Gedanken. Wenn ihr Mann im Einsatz ist, füllt sie ihren Terminplan bis oben hin. "Vom Aufstehen bis zum Schlafen gehen. Ich sitze nie im Haus herum, sondern mache Fortbildungen, gehe mit den Kindern weg, beschäftige mich bis zum Ende des Einsatzes", erzählt die energiegeladene Mitt-Vierzigerin.

Diana McNeal, eine große schlanke Frau mit wilder blonder Lockenmähne, will ein besseres Gefühl für die Arbeit ihres Mannes bekommen. Dieser geht im September zum ersten Kriegseinsatz in Afghanistan. Sie gibt zu, dass sie nicht viel vom Alltag auf dem Stützpunkt wusste: "Ich habe ihn zur Arbeit gebracht, das ist alles. Jetzt wird mir klar, was hier los ist. Das ist ziemlich heftig!"

Marschieren, schießen, verstehen

Jane Wayne Day
Bild: Kerstin Zilm

In Reih und Glied geht es weiter zur ersten Station: unter gnadenloser Sonne lernen die Militärangehörigen, eine Kampfausrüstung anzulegen: Helm mit Plastikschutzschild, Metall-Schienbein- und Knieschoner, Gewehr und Schlagstock. An der nächsten Station bauen sie unter Zeitdruck Maschinengewehre auseinander und wieder zusammen. Von dort geht es im Gleichmarsch zum Schießsimulator. Erst zielen die Frauen auf dem Bauch liegend mit einem Maschinengewehr auf Angreifer, dann schießen sie im Stehen mit einer Pistole auf einen sich langsam nähernden Aufständischen.

Lonnie Watfield beobachtet vom Rand des Teerplatzes das Geschehen. Der Infanterist wird bald seinen Einsatzbefehl für Afghanistan bekommen. Watfield passt auf seinen zweijährigen Sohn auf, während seine Frau versucht, den Anweisungen des Drill-Meisters zu folgen. Für ihn ist es lustig, sich zurückzulehnen und zuzuschauen. Er hofft, dass seine Frau ihn zukünftig besser versteht: "Ich kann ihr erzählen, was ich will, sie sagt immer: 'Ich begreife nicht, was du durchmachst.' Heute kann sie es hautnah erfahren!"

Willkommen in der Familie

Oberst Michael Groen leitet das Bataillon. Er sagt, der "Jane Wayne Day" stärke die Moral und den Gemeinschaftssinn unter den Angehörigen der Militärs: "Sie spüren mehr, dass sie Teil der Familie sind. Sie fühlen, dass sie willkommen sind und sind nicht mehr eingeschüchtert von allem, wofür die Marine steht.“

Jane Wayne Day
Bild: Kerstin Zilm

An der letzten Station des Übungstages legen die Frauen Helm und eine kugelsichere Weste an und bekommen ein Maschinengewehr. Sie klettern auf die Ladefläche eines grün gestrichenen Lastwagens. Ein Dach gibt es nicht, die Seitenwände sind hüfthoch. Die Frauen setzen sich auf Metallbänke in der Mitte der Ladefläche, den Blick nach draußen, die Gewehre in Schießlöchern positioniert. Auf geht es zur simulierten Patrouille durch das Kampfgebiet in die Hügel des Militärstützpunktes. Plötzlich ist der Konvoi unter Beschuss. Platzpatronen und Übungsgranaten füllen die Luft mit Rauch. Manche der Frauen sitzen mit weit aufgerissenen Augen auf der Bank, andere schießen mit glänzendem Blick mehrere Runden Munition auf den unsichtbaren Feind. Verschwitzt steigen sie nach der Fahrt vom Laster.

Diana McNeal schaut blass auf die am Boden aufgestellten Maschinengewehre. "Du erkennst, wie ernst das ist", sagt sie nachdenklich. "Ich würde sicher nicht gerne eine Waffe mit echter Munition benutzen wollen. Sie machen für uns einen Spaß daraus, aber wenn sie im Einsatz sind, ist es kein Spaß mehr." Schnell legt McNeal die kugelsichere Weste und den Helm ab. Neben ihr posieren indes andere Frauen stolz mit Kampfausrüstung und Gewehr für die Kameras.

Autorin: Kerstin Zilm

Redaktion: Oliver Pieper