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Japan will Milliarden-Sonderhaushalt stemmen

22. April 2011

Es sind ambitionierte, aber notwendige Pläne für den Wiederaufbau der Krisenregion: Obwohl Japans Staatsschulden bereits jetzt immens hoch sind, soll der Nachtragshaushalt der Regierung 33,4 Milliarden Euro umfassen.

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Der japanische Premierminister Naoto Kan (Foto: AP)
Schwierige Zeiten für den japanischen Ministerpräsidenten KanBild: AP

Es soll ein erster Schritt und "ein Neuanfang" sein, sagte der japanische Finanzminister Yoshihiko Noda. Die Regierung hat sich am Freitag (22.04.2011) auf einen Nachtragshaushalt von 4,02 Billionen Yen geeinigt. Das entspricht 33,4 Milliarden Euro. Damit will Japan den Wiederaufbau nach der Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe finanzieren. Überall in den betroffenen Regionen müssen Trümmer beseitigt, Straßen und Häuser wiederaufgebaut und provisorische Unterkünfte errichtet werden.

Der Sonderetat soll dem Parlament bereits am kommenden Donnerstag vorgelegt und am 02. Mai verabschiedet werden. Das berichteten mehrere japanische Medien.

Kosten noch nicht komplett kalkulierbar

Trümmer im Erdbebengebiet Japan (Foto: AP)
Der Wiederaufbau ist eine MammutaufgabeBild: AP

Problematisch an der Finanzierungsgrundlage ist, dass Japan bereits jetzt die höchsten Staatsschulden aller Industriestaaten weltweit besitzt. Sie belaufen sich auf mittlerweile 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Einen Grund zur Panik haben die Japaner jedoch nicht, wie Finanzexperten betonen. Denn der japanische Markt funktioniert nach anderen Gesetzen. Die Japaner sind beispielsweise fast nicht auf ausländische Kapitalgeber angewiesen, die ihr Kapital schnell abziehen könnten.

Der japanische Ministerpräsident Naoto Kan betonte dennoch, dass auf keinen Fall neue Staatsanleihen aufgenommen werden sollen. Der Nachtragshaushalt soll in erster Linie durch Sparmaßnahmen finanziert werden. Beispielsweise will die Regierung nun nicht mehr wie geplant, das Kindergeld erhöhen. Experten gehen allerdings davon aus, dass der anvisierte Nachtragshaushalt nicht ausreichen wird. Sie vermuten, dass es bis zu zehn Billionen Yen kosten wird, um die Schäden der Katastrophe zu beseitigen. Das wäre mehr als das Doppelte der geplanten Summe. Tokio spricht bereits jetzt von der teuersten Naturkatastrophe der Welt.

Kein Zurück mehr

Zuvor hatte die Regierung das Gebiet im Umkreis von 20 Kilometern um das zerstörte Atomkraftwerk (AKW) Fukushima zum Sperrgebiet erklärt. Die Strahlengefahr ist akut erhöht. Auch Bewohner brauchen von nun an eine staatliche Genehmigung, um in die Zone zu ihren Häusern zu gelangen. Damit sollen sie vor der radioaktiven Strahlung geschützt werden. Außerdem soll Dieben die Möglichkeit genommen werden, die verlassenen Häuser zu plündern. Im Umkreis von drei Kilometern rund um das AKW sind Besuche überhaupt nicht mehr erlaubt.

Gerade Bauern weigern sich, das betroffene Gebiet zu verlassen. Sie sorgen sich um ihr Vieh. Noch immer sollen sich mehr als 3000 Kühe, 31.000 Schweine und 630.000 Hühner dort befinden. Etwa 40 Menschen, von einst 80.000, sollen bis zur Evakuierung noch in der Sperrzone gelebt haben. Viele andere Einwohner fuhren am Donnerstag ein letztes Mal zu ihren Häusern, um ihr Hab und Gut zu sichern. "Die ist unsere letzte Chance, aber wir werden nicht lange bleiben", sagte einer der Bewohner, Kiyoshi Kitajima.

Straßenkontrolle im Sperrgebiet rund um das zerstörte Atomkraftwerk (Foto: picture-alliance/dpa)
Keine Durchfahrt ohne Genehmigung - Sperrzone rund um das AKWBild: AP

Stärkerer Schutz vor radioaktiver Strahlung

Für die Strahlenbelastung von Kindern haben die japanischen Behörden nun auch einen neuen, niedrigeren Grenzwert festgelegt. Spielplätze und Schulen dürfen nur noch benutzt werden, wenn die Strahlenbelastung den Wert 3,8 Mikrosievert pro Stunde nicht übersteigt. Dieser Wert orientiert sich dem japanischen Erziehungsministerium zufolge an den Bestimmungen der internationalen Strahlenschutzkommission. Ihr Grenzwert für die Strahlenbelastung nach einem Reaktorunfall liegt bei 20 Millisievert pro Jahr - sowohl für Kinder als auch Erwachsene.

Das deutsche Institut für Strahlenschutz in München bewertete die neue Einstufung als positiv. "Der Grenzwert wurde niedriger eingestuft, als es in Deutschland für den Katastrophenfall vorgesehen wäre", sagte Christoph Hoeschen, Leiter der Abteilung Medizinische Strahlenforschung und Diagnostik.

Autor: Nicole Scherschun (dpa, afp, rtr, dapd)
Redaktion: Walter Lausch