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Der Mann aus dem Clan

Michael Knigge/phi15. Juni 2015

Er gilt als moderat. Er verfügt über gut gefüllte Wahlkampfkassen und die Unterstützung der Republikaner. Er hat somit beste Aussichten, ins Weiße Haus zu einzuziehen. Oder etwa nicht? Vier Irrtümer über Jeb Bush.

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USA Potentieller republikanischer US-Präsidentschaftskandidat Jeb Bush (Photo: REUTERS/David Manning/Files)
Bild: Reuters/D. Manning

1. Irrtum: Jeb Bush ist ein Mann der Mitte

Acht Jahre lang war Bush Gouverneur Floridas. Es war das einzige Mal, dass er in ein politisches Amt gewählt wurde. Die Bilanz dieser Zeit weise Jeb Bush klar als strikt konservativen Republikaner aus, sagt Daniel Smith, Politikwissenschaftler an der Universität von Florida, im Gespräch mit der DW. "Jeb Bush ist kein Mann der Mitte." Während seiner Amtszeit in Florida habe Bush sich für die Privatisierung von Schulen, Gefängnissen und öffentlichem Nahverkehr stark gemacht. "Er war nicht nur marktliberal, er ist auch hart gegen Gewerkschaften im öffentlichen Dienst vorgegangen. Er wollte den öffentlichen Dienst massiv abbauen." Als Thatcherismus bezeichnet Smith die politische Linie Jeb Bushs.

Bildergalerie amerikanische Präsidenten (Photo: AFP PHOTO / Saul LOEB/Getty Images)
In der Innenpolitik ist Jeb konservativer als sein Bruder George WalkerBild: AFP/Getty Images/Saul Loeb

Lance deHaven-Smith befasst sich an der Florida State University mit der Politik im Bundesstaat Florida. Seit seinem Ausscheiden aus dem Gouverneursamt habe Jeb Bush versucht, eine moderatere Linie einzuschlagen, sagt er. Aber in Florida "war er ein sehr konservativer Gouverneur." Bush habe sich auch bemüht, gezielte Fördermaßnahmen für Minderheiten abzuschaffen. "Er ist nicht sehr sensibel, wenn es um Minderheiten geht", sagt Smith. "Als er zum Gouverneur gewählt wurde, fragte man ihn, was er für die Afroamerikaner tun werde. Er antwortete: 'nichts' und das entsprach auch der Wahrheit." Selbst im Vergleich mit dem oft geschmähten George W. Bush, dem 43. Präsidenten der USA, sei Jeb der konservativere Politiker.

Das sagt zumindest Bob Shrum, legendärer Wahlkampfstratege der Demokraten, im Gespräch mit der DW. "Er wäre seinem Bruder sicherlich darin ähnlich, dass er in außenpolitischen Fragen den Ratschlägen der Neo-Konservativen folgen würde."

2. Irrtum: Jeb Bush hat die republikanische Nominierung so gut wie sicher

Sicher ist Jeb Bush der Favorit im innerparteilichen Rennen um die Kandidatenkür bei den Republikanern. Er hat das meiste Geld, ist Liebling des Partei-Establishments und verfügt über die Kontakte der Bush-Familie. Das hätte einmal ausreichen können, um die Nominierung zu sichern. Aber alte Sicherheiten gehen verloren. "Es wird sich zeigen, ob sich die Republikaner an die Gepflogenheit halten, den zu nominieren, der als nächster in der Reihe steht", sagt Shrum, der schon Al Gore und John Kerry im Wahlkampf beraten hat. "So wie in den vergangenen 50 Jahren. Aber das ist mit jeder Wahl schwieriger geworden."

Demonstration vor Kapitol in Washington zur Einbürgerung von Immigranten (Photo: EPA/MICHAEL REYNOLDS +++(c) dpa - Bildfunk)
Bei der Einwanderungspolitik weicht Jeb Bush von der Parteilinie abBild: picture-alliance/dpa

Im Jahr 2000 konnte sich George Walker Bush seine Nominierung noch relativ einfach sichern. 2008 fiel das John McCain schon wesentlich schwerer. "Und Mitt Romney erst, der war doch ganz klar an der Reihe, der war die erste Wahl des Establishments", sagt Shrum. "Der musste einen verdammt harten Kampf gegen Rick Santorum führen, einen Mann, der nicht als Präsident in Frage kam. Es ist also möglich, dass das Establishment dieses Mal die Kontrolle über die republikanische Partei verliert." Bush sei zumindest nicht weniger präsidentiell als seine republikanischen Mitbewerber, sagt Smith. "Er hat sicher all das, was Amerikaner von einem Präsidenten erwarten. Die große Frage ist nur, ob die Amerikaner noch einmal einen Bush wollen."

3. Irrtum: Bushs Wahlkampf ist nicht zu toppen

Jeb Bush hat sich zuletzt im Jahr 2002 einer Wahl gestellt. Das ist lange her, gemessen an den Veränderungen in der Politik- und Medienlandschaft. "Er ist schon etwas eingerostet", sagt Smith. Mit seinem großen Vermögen und der Unterstützung seiner Familie kann er sich an vieles anpassen, aber er muss dabei schnell lernen und die richtigen Leute um sich sammeln. Das könnte schwierig werden, weil Jeb Bush kein politisches Naturtalent ist.

Hillary Clinton, mögliche Präsidentschaftskandidatin (Photo: AP/Julio Cortez)
Keine einfache Gegnerin: Hillary ClintonBild: picture-alliance/AP Photo/J. Cortez

"Meine einfache Theorie über die Politik in den USA: Man muss Menschen mögen, damit sie einen zum Präsidenten wählen. Man muss sie sehr mögen. Bill Clinton hat die Menschen vielleicht ein bisschen zu sehr gemocht." Für Jeb Bush könnte dieses Thema zum Problem werden, er gilt nicht als jemand, der gut mit Menschen zurechtkommt. "Er ist ein Politik-Streber", sagt Smith. Shrum meint, dass er Probleme haben könnte, eine emotionale Bindung zu seinen Wählern aufzubauen. "Er ist einfach sehr verkopft".

4. Irrtum: Jeb Bush wäre Favorit im Rennen gegen Hillary Clinton

Auch nach acht Jahren demokratischer Präsidentschaft haben die Republikaner keine Garantie dafür, dass sie den nächsten Präsidenten stellen können. "Jeb ist niemand, der viele Wählerstimmen sammelt", sagt deHaven-Smith. "Die Leute überschätzen seine Beliebtheit in Florida." Er wurde zwar zweimal zum Gouverneur gewählt, aber das geschah jeweils in sogenannten Zwischenjahren, in denen keine Präsidentschaftswahlen stattfanden und viele Demokraten in Florida nicht zur Wahl gingen. "Ich glaube nicht, dass er in Florida bei einer Präsidentschaftswahl einfach nur deshalb gewinnen würde, weil er hier Gouverneur war." Außerdem ist schwer abzusehen, wie der eher intellektuelle Bush in wichtigen Staaten wie Iowa abschneiden wird, wo es mehr darauf ankommt, eine gute Bindung zu den Wählern aufzubauen und die regionale Presse für sich zu gewinnen

Es gibt weitere Faktoren, die für einen Sieg der Demokraten sprechen. "Die Republikaner haben sich in eine demographische Sackgasse manövriert", sagt Shrum. "Die Partei spricht die jungen Leute und alleinstehende Frauen nicht an – das sind große Teil der Wählerschaft. Zudem hat sie die hispanischen Wähler durch ihre Einwanderungspolitik abgeschreckt." Das komplizierte US-Wahlsystem könnte den Demokraten im Jahr 2016 zudem einen Vorteil verschaffen. "Wenn man sich all diese Faktoren ansieht, dann glaube ich an einen Sieg Clintons, sollten die Demokraten sie nominieren", sagt Shrum vorher.