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Jede dritte Frau Opfer von Gewalt

5. März 2014

Millionen Frauen in der EU sind Opfer von Gewalt. Viele müssen Schläge ertragen, häufig wird der eigene Partner zum Täter. Eine neue Studie zeigt erschreckende Zahlen auf.

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Symbolbild Gewalt gegen Frauen (Foto: picture alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Jede dritte Frau in der EU hat der Untersuchung der EU-Grundrechte-Agentur (FRA) zufolge seit ihrer Jugend schon körperliche oder sexuelle Gewalt erlebt. Das sind etwa 62 Millionen. Fünf Prozent davon sind vergewaltigt worden.

Oft lauert die Gefahr für Frauen in den eigenen vier Wänden: 22 Prozent aller Befragten gaben an, körperliche oder sexuelle Gewalt durch den eigenen Partner erfahren zu haben. Zu körperlicher Gewalt zählt die Studie etwa, wenn Frauen geschlagen, an den Haaren gezogen, geschubst oder mit harten Objekten attackiert werden.

Sexuelle Gewalt bedeute Vergewaltigung oder versuchte Vergewaltigung. Oft werden diese Übergriffe in Beziehungen der Studie zufolge zum Alltag. Auch Schwangere würden dann nur selten verschont. Dagegen vorzugehen wagen die wenigsten: Viele sagten, sie würden sich zu sehr schämen oder seien peinlich berührt und würden deshalb nicht zur Polizei gehen.

Höchste Gewaltraten in Nordeuropa

Vergewaltigungen durch Fremde, wobei dabei oftmals mehrere Männer beteiligt sind, würden schneller angezeigt. Sechs Prozent aller Befragten gaben außerdem an, dass es bereits zu einer versuchten Vergewaltigung kam. Gleich viele Frauen nahmen bereits an sexuellen Aktivitäten teil, weil sie Angst vor möglichen Konsequenzen hatten.

Die höchste Gewaltrate meldeten Frauen der Studie zufolge in den drei nordischen Ländern Dänemark (52 Prozent), Finnland (47 Prozent) und Schweden (46 Prozent). In Polen, Österreich und Kroatien gibt es mit jeweils rund 20 Prozent demnach vergleichsweise am wenigsten Gewalt. Deutschland liegt mit 35 Prozent etwas über dem EU-Schnitt (33 Prozent).

Kulturelle Unterschiede beeinflussen Anzeigebereitschaft

Die Zahlen sollen laut Studienautoren aber nicht zu voreiligen Schlussfolgerungen führen. Angaben zu Übergriffen und die tatsächlich ausgeübte Gewalt stimmten nicht immer überein.

Kulturelle Unterschiede im Umgang mit Gewalt hätten einen Einfluss darauf, wie offen Frauen dieses Thema ansprechen. Bei stärkerer Gleichberechtigung der Geschlechter herrsche deutlich mehr Bewusstsein und es gebe mehr Anzeigen.

Von sexuellen Belästigungen seien noch mehr Frauen betroffen als von Gewalt. Vor allem gut ausgebildete Frauen in Spitzenpositionen sprachen davon. Dies könnte aber damit zusammenhängen, dass diese Gruppe Grenzüberschreitungen besser einschätzen könne und dies auch meldet.

Rund die Hälfte der Frauen wird belästigt

Insgesamt sind laut der Studie schätzungsweise zwischen 83 und 102 Millionen Frauen von sexueller Belästigung betroffen. Das sind zwischen 45 und 55 Prozent aller Frauen in der EU ab 15 Jahren. Die breite Spanne ergibt sich, weil es bei den Befragten unterschiedliche Ansichten gab, ob etwa Annäherungsversuche durch Männer, sexistische Witze oder ungewollte Nacktfotos per SMS bereits zu einer sexuellen Belästigung zählen.

"Wir müssen handeln. Zu viele Frauen leiden in Europa", erklärte FRA-Direktor Morten Kjaerum. "Die Ergebnisse dieser Erhebung können und dürfen nicht ignoriert werden. Körperliche, sexuelle und psychische Gewalt gegen Frauen ist eine gravierende Menschenrechtsverletzung, die in allen EU-Mitgliedstaaten anzutreffen ist."

Insgesamt wurden 42.000 Frauen in den 28 EU-Ländern im Alter zwischen 18 und 74 Jahren befragt. Die Gespräche fanden 2012 persönlich statt. Vergleichbare Studien zu der Thematik gab es laut FRA in der EU bisher nicht, die Untersuchung sei die bisher weltweit größte.

gri/haz (dpa, afp)