1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

CO2-Diät im Dorf

23. Juni 2009

Aus für den Stand-by-Fernseher, Hände weg von Steaks und Gewächshaustomaten: Naturschützer in Baden-Württemberg wollen Stromfresser und klimaschädliches Verhalten im Alltag identifizieren - und abstellen.

https://p.dw.com/p/IXRP
Bettina, Jens und Siegfried Walter aus Oberschopfheim nehmen am Klimaschutzprojekt teil. Auf dem Dach sind Sonnenkollektoren angebracht.(Foto: DW)
Klimaschützer: Bettina, Jens und Siegfried Walter aus OberschopfheimBild: DW

"Es besteht die Gefahr", sagt Petra Rumpel in Offenburg, "dass - wenn zuviel geredet wird - die Leute das Thema irgendwann satt haben und es ist immer noch nichts passiert." Deshalb habe sie konkret werden wollen. "Ortenauer verbessern ihre CO2-Bilanz", heißt das Klimaschutzprojekt, das so entstand. In Offenburg unterhält der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) das Umweltzentrum Ortenau und Petra Rumpel ist die Geschäftsführerin. Der Ortenaukreis liegt zwischen Schwarzwald und Rhein und ist von der Fläche her der größte Kreis im Bundesland Baden-Württemberg.

15 Haushalte in Offenburg, Kehl, Lahr, Friesenheim und dem von Touristen wegen seiner Idylle geschätzten Ort Gengenbach machen mit, darunter große wie kleine Familien, Wohngemeinschaften und Singlehaushalte, alt und jung. Erster Schritt: Es wird ermittelt, wie viel CO2 jeder wissentlich oder unwissentlich im Alltag erzeugt. In Deutschland sind das jedes Jahr pro Kopf knapp elf Tonnen.

Es geht um mehr als nur um Stromfresser

Wenn die beiden Mitarbeiterinnen des BUND auf Hausbesuch sind, besprechen sie zunächst Naheliegendes: können alte Kühlschränke oder Strom "fressende" Heizungspumpen gegen neuere, günstigere eingetauscht werden? Nicht immer ist es so einfach, dass nur eine Steckleiste zwischen Steckdose und Stand-by-Geräte wie den Fernseher geschaltet werden muss.

Aber bei der Beratung geht es ohnehin um mehr als um Strom und Energie. Denn auch Konsum- und Essgewohnheiten sind Thema. Durch den Verzicht etwa auf Tomaten aus dem Gewächshaus oder tierische Lebensmittel lässt sich viel CO2 einsparen.

"Um einen Liter Milch, ein 250-Gramm-Steak oder ein Ei zu produzieren, ist das Vielfache an Energie, Ackerfläche und Dünger nötig als etwa für ein Kilogramm Feldgemüse", erklären die BUND-Beraterinnen, die mit einem CO2-Zähler arbeiten.

Sprit sparend Autofahren und vegetarisch grillen

Weiteres Thema: die Fahrten zum Einkauf und zur Arbeit mit dem Auto. Alternative hier, wenn möglich: gute Einkaufstaschen für das Rad, ein Fahrrad-Anhänger oder, wenn möglich, der Öffentliche Nahverkehr. Das Umweltzentrum Ortenau leitet die Teilnehmer in Kursen an, wie sie Sprit sparend Auto fahren oder vegetarisch grillen können - Aktionen, die auch das Gemeinschaftsgefühl stärken.

Siegfried Walter ist längst von der guten Sache überzeugt. Der Familienvater schmunzelt, wenn die meisten Nachbarn noch teures Öl verbrennen, während er die Lichtstrahlen der Sonne auf seinem Dach nutzt. Dort bringen Solaranlagen warmes Wasser in Küche und Bad, und Strom für Lampen, Computer, die Spül- und die Waschmaschine.

Lob aus der Wissenschaft für die Alltagsnähe

Die promovierte Haushalts-Wissenschaftlerin Angelika Häusler sieht das Projekt auf einem guten Weg: "Nur so kann es funktionieren, im Schneeball-Prinzip. Ein paar fangen an und sagen: Wir versuchen das. Sie erzählen davon, und erwähnen auch, dass sie Geld gespart haben, und dass es auch Spaß macht, die eigene CO2-Bilanz zu überprüfen". Die Haushalts-Wissenschaftlerin sagt, so würden Leitbilder gestärkt: Vorstellungen, die bei denen, die noch nicht mitmachen, latent vorhanden sind und durch das positive Beispiel wach gerufen werden.

Auch Petra Rumpel vom BUND setzt auf den Nachahmer-Effekt. Die Resonanz, sagt sie wenige Wochen nach dem Start, sei durchweg positiv.

Autor: Christian Quiring

Redaktion: Karin Jäger