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Weltbank-Chefposten

Michael Knigge / Übersetzung: Dirk Kaufmann21. März 2012

Im DW-Interview spricht der renommierte Ökonom Jeffrey Sachs über seine Kandidatur für den Chefposten der Weltbank. Der US-Amerikaner erklärt, warum er sich selbst für den geeigneten Kandidaten hält.

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Director of the Earth Institute, Jeffrey Sachs during a news conference at U.N. headquarters about his participation in a large-scale development project in rural Africa, on October 03, 2011. Photo by Dennis Van Tine/ABACAUSA.COM
Jeffrey Sachs, Ökonom und Kandidat für die Präsidentschaft der WeltbankBild: picture alliance / abaca

Bis zu diesem Freitag (23.03.2012) müssen mögliche Kandidaten für die Nachfolge des Weltbank-Chefpostens nominiert sein. Denn der bisherige Amtsinhaber Robert Zoellick wird nicht weitermachen. Der Posten wird üblicherweise von einem US-Amerikaner besetzt; der Deal wird mit den Europäern abgesprochen. Erstmals hat nun jedoch ein Kandidat selbst öffentlich seinen Anspruch auf das Amt erklärt: der US-Starökonom Jeffrey Sachs. Die DW hat mit ihm über seine Beweggründe gesprochen.

Deutsche Welle: Herr Sachs, Sie haben sich - was sehr ungewöhnlich ist - selbst als Kandidat für den Posten des Weltbankpräsidenten ins Spiel gebracht. Warum denken Sie, dass Sie als Entwicklungsexperte für diese Aufgabe qualifiziert sind?

Jeffrey Sachs: Wir brauchen Expertise, um eine derartig komplexe Institution wie die Weltbank zu führen. Die Weltbank ist keine Bank im eigentlichen Sinne, sondern die führende Institution im Kampf gegen Armut. In Sachen Armutsbekämpfung kann ich eine lange Erfolgsbilanz aufweisen. Ich habe Erfahrung mit der Führung von großen Institutionen und wichtigen Projekten und bin der Ansicht, dass Politiker oft nicht richtig wissen, was sie tun. Die Weltbank hat in der Vergangenheit sehr viele Fehler gemacht.

Sie sagen, die Weltbank sei auf einem falschen Weg. Ihre Führung wisse zu wenig von den schweren Problemen, vor denen viele Länder stehen: Hunger, Armut, Seuchen. Hat die Weltbank aus strukturellen Gründen keine Antworten auf die Probleme des 21. Jahrhunderts?

Da stimme ich Ihnen zu, denn ich denke, dass die Weltbank viele Dinge nicht tut, die eigentlich nötig sind. Daher sollte der Weltbankpräsident jemand sein, der das professionelle Wissen und auch die nötige Erfahrung hat, wenn es darum geht, Armut, Hunger und Krankheiten zu bekämpfen. Ich denke nicht, dass die Weltbank das tut und daher kandidiere ich als Weltbankpräsident und deshalb unterstützen mich auch so viele Länder überall auf der Welt.

Können Sie einige der Länder nennen, die Ihre Kandidatur unterstützen?

Nein, das kann ich nicht, weil ich vertraulich mit ihnen gesprochen habe. Aber die Erwartung ist allgemein, dass die USA einen Kandidaten nominieren werden. Dann werden die Europäer diesen Kandidaten unterstützen und der Rest der Welt wird folgen. So ist es bisher immer gewesen.

So wird also der Kandidat, den Barack Obama vorschlägt, automatisch den Posten bekommen.

So ist es bis jetzt immer gelaufen. Ich denke aber, es ist nicht gesagt, dass das auch weiterhin so sein wird. Viele haben sich mit der durchschnittlichen bis schlechten Arbeit der Weltbank abgefunden, weil sie denken: 'Diese Institution ist über sechzig Jahre alt, sie ist ein Relikt einer anderen Epoche und sie wird verschwinden.' Diese Haltung finde ich enttäuschend. Ich bin kein Zyniker und werde nie einer sein. Ich glaube, dass die Weltbank eine wichtige Einrichtung ist, die sehr viel beitragen kann zur Lösung globaler Probleme.

Sollten Sie Weltbankpräsident werden, was würden Sie als erstes ändern?

Ich denke, dass die Weltbank weniger eine Bank sein sollte und stattdessen ein strategischer Führer auf besonders wichtigen Feldern. Wir haben bereits große Fortschritte gemacht - und ich selbst bin in den vergangenen zwölf Jahren ein Teil davon gewesen - zum Beispiel im Kampf gegen die Malaria, die im Vergleich zum Jahr 2000 um 30 bis 40 Prozent zurückgegangen ist. Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass wir in kurzer Zeit diese 40 Prozent übertreffen und zu 80 oder 90 Prozent kommen können. Das wäre das erste, was ich täte.

Ich denke, es gibt weitere Sachen, bei denen die Weltbank zusammen mit nationalen staatlichen Initiativen und multilateralen Institutionen Großes erreichen kann: Das betrifft die Krankheitsbekämpfung, Infrastrukturprojekte oder den Ausbau der Solarenergie in der Sahelzone. Das gilt auch, wenn es darum geht, den am schlimmsten von Wassermangel betroffenen Ländern der Welt einen sehr viel effektiveren und nachhaltigen Entwicklungsweg aufzuzeigen.

Die Weltbank arbeitet nicht effektiv. Viele Länder der Welt sind verstrickt in Konflikte, die ihren Ursprung im Hunger haben oder in Krankheiten, in mangelhaften Lebensbedingungen oder fehlenden Zukunftsaussichten. Das ist so traurig. Wir könnten so viel besser sein.

Jeffrey Sachs ist Direktor des Earth Institute an der Columbia University von New York und Sonderberater von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon. Von 2002 bis 2006 war er Direktor des UN-Millennium-Projekts. Sachs war außerdem Berater für den IWF, die Weltbank, die OECD, die WTO und das UNDP.