Jemaah Islamiyah-Führer in Haft
9. August 2010Der 71-jährige Abu Bakar Ba'asyir soll am Montag (09.08.2010) in der Provinz West-Java unter Terrorismusverdacht festgenommen worden sein. Er werde in die Polizeizentrale nach Jakarta überführt, teilte ein Polizeisprecher mit. Es gebe hinreichende Beweise dafür, dass Ba'asyir Verbindungen zu einer Gruppe unterhalte, die Ausbildungslager für Extremisten betreibe. Außerdem soll die Organisation einen Anschlag auf Präsident Susilo Bambang Yudhoyono und andere Regierungsvertreter bei den Feiern zum Unabhängigkeitstag am 17. August geplant haben. Bei mehreren weiteren Antiterror-Einsätzen in West-Java hatte die Polizei bereits am Samstag fünf Verdächtige festgenommen. Dabei hätten die Beamten bereits belastendes Material gegen Ba'asyir sichergestellt. Bei den Verhafteten seien außerdem eine Bombenwerkstatt, größere Mengen Chemikalien sowie ein mit einer Autobombe präparierter Wagen gefunden worden.
Bekannter Islamist
Ba'asyir gilt als geistlicher Führer der Terrorgruppe Jemaah Islamiyah, der Verbindungen zu Al-Kaida nachgesagt werden. Ziel der Jemaah Islamiyah ist die Errichtung eines islamischen Gottesstaates in Südostasien von Indonesien bis zu den Philippinen. Ihre Basis hat die Gruppe in Indonesien; darüber hinaus soll sie auch Zellen in Malaysia und auf den Philippinen haben. Außerdem ist Ba'asyir Gründer einer Schule, die für ihre radikalen Absolventen bekannt ist. Einer seiner Schüler wurde 2008 für seine Beteiligung am Bombenanschlag von Bali hingerichtet. Bei dem Anschlag auf der Ferieninsel kamen 2002 mehr als 200 Menschen ums Leben, darunter auch sechs Deutsche.
Neue Extremistengruppe in Aceh
Jetzt soll Ba'asyir mit einer neuen Extremistengruppe in Verbindung stehen, die sich selbst "Al-Kaida in Aceh" nennt. Aceh an der Nordwestspitze der Insel Sumatra galt jahrzehntelang als Unruheprovinz, in der sich die indonesische Armee immer wieder Gefechte mit separatistischen Rebellen geliefert hatte. Der Tsunami vom 26. Dezember 2004 richtete in der Region schwere Schäden an, ein halbes Jahr später konnte Indonesiens Präsident Yudhoyono einen großen politischen Erfolg feiern, als er mit den Separatisten einen Friedensvertrag unterzeichnete, der der Provinz größere Autonomierechte zugestand. Aktuell steigen die Spannungen in der Provinz jedoch erneut an: Zum einen sind in den vergangenen Jahren immer mehr Javaner aufgrund der Überbevölkerung auf ihrer Insel nach Aceh übergesiedelt. Zum anderen wurde in Aceh mittlerweile die Scharia eingeführt, was bei Teilen der Bevölkerung großen Unmut auslöste.
Finanzielle und operative Unterstützung
Die Vereinigung "Al-Kaida in Aceh" ist den indonesischen Behörden erst seit Februar bekannt, und von Beginn an ging sie hart gegen sie vor: In den vergangenen Monaten wurden mehr als 100 Verdächtige, die Verbindungen zu der Terrorzelle haben sollen, festgenommen oder getötet. Ba'asyir soll die Gruppe nicht nur finanziell unterstützt haben. "Er war daran beteiligt, das militärische Training für die Terrorzellen in Aceh zu organisieren", sagte Polizeisprecher Edward Aritonang in Jakarta. "Er erhielt regelmäßig Berichte über die Fortschritte." Die Extremisten sollen mehrere Anschläge nach dem Vorbild der Attentate im indischen Mumbai 2008 geplant haben. Dabei sollen Hotels, zwei Botschaften und die Polizeizentrale in Jakarta potentielle Ziele gewesen sein. Ba'asyir habe von den Plänen gewusst.
Auch Ba'asyir selbst war bereits in der Vergangenheit zweimal festgenommen worden. Nach den Bombenattentaten auf Bali saß er 26 Monate lang im Gefängnis. Er hat stets jegliche Beteiligung an dem Terroranschlag bestritten.
Autor: Thomas Latschan (afp, ap, dpa, kna, rtr)
Redaktion: Esther Broders