Jenny Pérez-Schmidt: Mächtigen auf den Zahn fühlen  | Presse | DW | 11.01.2017
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Weltzeit | Gesichter der DW

Jenny Pérez-Schmidt: Mächtigen auf den Zahn fühlen 

Die chilenische Journalistin Jenny Pérez-Schmidt ist eines der bekanntesten und beliebtesten Gesichter des spanischsprachigen TV-Programms. Politik und Wirtschaft sind ihre Themen, Nachrichten und Talk ihre Formate.

Seit 2012 arbeitet Jenny Pérez-Schmidt für die Deutsche Welle in Berlin. „Eine fortlaufende Reise durch aktuelle globale Ereignisse – manchmal ernüchternd, manchmal hoffnungsvoll, aber immer erfüllend“, so erlebt sie ihre Arbeit. Die Berichterstattung von internationalen Gipfeltreffen, Interviews mit hochrangigen Politikern – das hebt sie hervor als „Möglichkeit, ein bisschen an der Weltgeschichte teilzuhaben“. Themen, die in und für Lateinamerika relevant sind, mit europäischen und deutschen Perspektiven verknüpfen, das ist die tägliche Herausforderung. 

Pérez-Schmidt studierte Journalismus und Kommunikationswissenschaften an der Universidad de Concepción, 500 Kilometer südwestlich der chilenischen Hauptstadt. Beim universitätseigenen TV-Sender stand sie 1998 das erste Mal als Moderatorin vor der Kamera. Nach ihrem Abschluss wechselte sie ins Regionalfernsehen, 2002 zu Megavisión, dem ersten Privatsender Chiles. Sechs Jahre später zog Pérez-Schmidt aus privaten Gründen nach Frankfurt am Main, wo sie bis heute mit ihrer Familie lebt. Sie arbeitete zunächst als freie Journalistin für lateinamerikanische Medien, bis sie bei der Deutschen Welle begann. 

Im Laufe der Jahre hat sie viele Protagonisten interviewt – von manchen war sie beeindruckt, von anderen weniger. „Ich habe viele Politiker als Kandidaten kennengelernt, die heute in ihrem Land Präsident sind. Einige versprachen, der Armut oder der Korruption den Kampf anzusagen. Am Ende haben sie das Gegenteil getan. In Lateinamerika gibt es viele solcher Beispiele. Dieselben Politiker fühlen sich durch kritische Medien und unbequeme Fragen gestört.“

Pérez-Schmidt erinnert sich an einige besonders schwierige Interviewpartner: Venezuelas Hugo Chavez ebenso wie der bolivianische Präsident Evo Morales. Und Panamas Präsident Juan Carlos Varela, mit dem sie erst kürzlich sprach. Ein Interview, das in Lateinamerika einigen Wirbel auslöste – Varela passten die Fragen nicht, was die Medien zwischen Feuerland und Tijuana kritisch aufgriffen. 

Beeindruckt hingegen habe sie Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos, vor allem „das Selbstvertrauen und der Enthusiasmus“ des diesjährigen Friedensnobelpreisträgers. 

„Für kritische Fragen hasst oder liebt man dich“

Prominenten und Mächtigen auf den Zahn zu fühlen, falle ihr leicht, sagt die Journalistin. „Es bereitet mir sogar Vergnügen“, gesteht sie. „Mein Gesprächspartner weiß, worauf er sich einlässt. Manche Staatschefs reagieren irritiert auf wiederholtes Nachfragen, wenn sie eine Frage auf keinen Fall beantworten wollen. Man muss sehr aufmerksam bleiben, um den Faden nicht zu verlieren.“ 

Und was sagt Jenny Pérez-Schmidt über ihre Popularität, wie empfindet sie die wachsende Resonanz auf das spanische Programm der DW? „Dass unser Programm in Lateinamerika und auch in den USA immer mehr Beachtung findet, erfüllt mich mit großem Stolz.“ Die Objektivität und Ausgewogenheit des DW-Angebots und die Selbstverpflichtung, Werte wie Demokratie und Pressefreiheit hochzuhalten – das sind für sie die entscheidenden Gründe dafür. 

Die Chilenin ist sich ihrer öffentlichen Rolle und Wirkung bewusst. „Für kritische Fragen hasst oder liebt man dich. Einige Menschen verwechseln allerdings Kritik mit Attacken.“ Erfahrungen mit „Hate Speech“ in den Sozialen Medien seien ihr bislang aber erspart geblieben. „Ich muss nicht mehr erklären, warum ich frage, was ich frage. Die Menschen, die unser Programm verfolgen, kennen meine Arbeit.“ Und die Deutsche Welle gelte als Qualitätssiegel. 

Journalisten in Lateinamerika leben gefährlich – darauf hinzuweisen ist ihr wichtig. „Eine Story, die politische oder wirtschaftliche Machtzirkel denunziert oder in die Welt des Drogenhandels vordringt, kann Journalisten das Leben kosten.“ Mexiko sei dafür ein trauriges Beispiel, so Pérez-Schmidt. Und wo Medien nicht kritisch berichten dürfen, wo Zensur ausgeübt wird und Vetternwirtschaft herrscht, gebe es „trotz allem gibt es so etwas wie ein ‚bürgerliches Gewissen‘. Die Menschen wollen Wahrhaftigkeit und sie wollen, das Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden“, sagt Pérez-Schmidt. Die Medien spielten dabei eine zunehmend wichtige Rolle, etwa in Guatemala und El Salavador. 

Einen wesentlichen Unterschied zwischen deutschen und lateinamerikanischen Medien macht sie am Umgang mit den Panama Papers fest. In Deutschland hätten die Medien investigativen Journalismus betrieben – „das höchste Gut der Pressefreiheit“, so Pérez-Schmidt. Methodik, Zeit und Möglichkeiten, die Journalisten hierzulande hätten, seien vorbildlich. „Vergleichbares würde ich mir auch für die Länder Lateinamerikas wünschen“, sagt die Chilenin. Es klingt nach Hoffnung und Ernüchterung zugleich. 

Der Beitrag ist dem DW-Magazin Weltzeit 4 | 2016 entnommen.

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