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Jenseits vom Jetset

Kristina Debelius7. Dezember 2004

Kino-Stars wie Brad Pitt oder Julia Roberts verdienen Millionen von Dollars und jetten durch die Metropolen der Welt. Ihre Kollegen in Afrika können von ihrer Gage gerade mal das Dach ihres Hauses reparieren.

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Filmszene aus "Moi et mon blanc" (Burkina Faso, 2003)Bild: Dunia Productions

Einen Traumjob hat Serge Bayala nicht gerade: Schauspieler in Afrika zu sein, hat nichts zu tun mit Star-Life, Glamour und Jetset. "Wir haben keine Ausbildung, keine Rechte, keinen Status. Es ist schwer, vom Kino zu leben", sagt Serge Bayala. Er ist ein bekannter Schauspieler aus Burkina Faso, der in seinem letzten Kinofilm seine erste Hauptrolle gespielt hat. "Moi et mon blanc" heißt die Komödie, die im Rahmen des Afrika-Film-Festivals "Jenseits von Europa VIII" in Köln aufgeführt wurde. Der Film erzählt die Geschichte des senegalesischen Studenten Mamadi und des französischen Parkwächters Franck, die ins Visier der Pariser Unterwelt geraten und deshalb nach Afrika fliehen müssen. Wie Mamadi in Frankreich, wird Franck im Senegal mit allen möglichen Klischees und Vorurteilen konfrontiert und erlebt, was es heißt, ein Fremder zu sein.

Schauspieler spielen nur die zweite Geige

Filmszene Moi et mon blanc
Filmszene Moi et mon blancBild: Dunia Productions

Bei dem afrikanischen Filmfestival Fespaco 2003 in Burkina Faso wurde sein Film mit dem Publikumspreis ausgezeichnet. Darüber hat Bayala sich gefreut, auch wenn das über die Probleme seines Berufsstandes nur kurz hinwegtröstet. "Schauspielerei ist kein anerkannter Beruf. Es gibt für uns keinerlei vertraglichen Regelungen. Wir sind uns selbst überlassen", klagt Bayala. Ebenso fehlt eine gewerkschaftliche Vertretung oder ein Interessenverband.

Ein weiteres Problem für die Schauspieler ist, dass sie völlig im Schatten der Regisseure stehen und meist die zweite Geige spielen. "Wir sind ein bisschen die Sklaven der Regisseure", sagt Bayala halbscherzend. Während im US-amerikanischen Kino Stars wie Nicole Kidman oder Brad Pitt Millionen-Gagen beziehen, ist es in Afrika alleine der Regisseur, der die Lorbeeren erntet. Die Schauspieler verdienen nur wenig.

Geld fehlt an allen Ecken

Serge Bayala
Kämpft für die Rechte afrikanischer Schauspieler: Serge BayalaBild: DW

Dazu kommt, dass es kaum Rollen gibt für Schauspieler wie Bayala. Denn das Geld für große Kinofilme fehlt. In Burkina Faso werden pro Jahr höchstens ein bis zwei Filme gedreht. "Alle zwei Jahre hat man vielleicht mal ein Engagement. Das reicht gerade, um das Dach am Haus zu reparieren." Die meisten Schauspieler haben daher mehrere Jobs, sind nebenher noch Lehrer, Techniker oder Barbesitzer, auch Bayala arbeitet als Journalist. Um das zu ändern, haben sich nun viele Schauspieler zusammengeschlossen. Sie wollen eine gesamt-afrikanische Vereinigung gründen, die sich um die Rechte und den Status der Schauspieler in Afrika kümmert. Serge Bayala ist einer davon.

Afrikanische Filme – in der Heimat wenig bekannt

Aber nicht nur die Schauspieler haben einen schlechten Stand, auch der afrikanische Film kann sich nur schwer in der Heimat durchsetzen. "Afrikanische Filme sind in Europa bekannter als bei uns", sagt Bayala. "In den afrikanischen Kinos laufen stattdessen amerikanische oder asiatische Blockbuster." Dabei mangelt es nicht an Interesse. "Wenn afrikanische Filme gezeigt werden, sind die Säle meist ausverkauft, und die Leute stehen Schlange", so Bayala. Aber das kommt selten vor. Das große Problem ist der Vertrieb, der fest in ausländischer Hand ist. So wird der afrikanische Markt von ausländischen Billigproduktionen überschwemmt. Für den Vertrieb der eigenen Filme fehlt das Geld. Von vielen Spielfilmen gibt es nur ein bis zwei Kopien. Kopien sind teuer, finanziell ist dafür meist im Budget nichts mehr drin.

Raubkopien und Video-Clubs

Dazu kommt, dass es in vielen Städten gar keine Kinos gibt - und falls doch, fällt häufig der Strom aus. Daher behelfen sich kleine Städte und Dörfer mit so genannten Video-Clubs, wo die großen Filme als DVD und Video auf TV-Bildschirmen gezeigt werden. Doch auch hier überwiegen die Billigproduktionen, denn von den afrikanischen Filmen gibt es häufig nicht einmal eine DVD. Allerdings schaffen es viele dennoch in die Video-Clubs – illegal, als Raubkopie. "Die erste Raubkopie meines Films habe ich schon entdeckt", sagt Bayala schmunzelnd. Dennoch will er kein Star sein, der über Raubkopien berühmt wird. "Ich träume von einem afrikanischen Kino, das auf der ganzen Welt wahrgenommen wird und Aufsehen erregt, ein afrikanisches Kino, das modern und real ist und das sich selbst treu bleibt. "Und", fügt er nach einer kurzen Pause lächelnd hinzu, "ich träume von einer großen und langen erfolgreichen Karriere als Schauspieler."