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Jesus hilft beim aufrechten Gang

5. Juli 2014

Viele Menschen werden niedergedrückt und unterdrückt. Wir müssen das nicht hinnehmen. Jesus hat es nicht hingenommen, sondern etwas getan. Ralph Frieling erzählt davon für die evangelische Kirche.

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Bettlerin in Rom Armut in Italien
Bild: picture-alliance/dpa

Vieles drückt nieder

Viele Menschen gehen gebeugt durch`s Leben. Es ist oft schwer, durchzuhalten. Zum Beispiel in einer Krankheit, die kein Ende nimmt. Wo der Erfolg der Therapie ungewiss ist, Jahr um Jahr. Durchhalten, Geduld haben, kämpfen: all das sagt sich so leicht. Der 55jährige Mann, gerade arbeitslos geworden, denkt sich: Da kommt nichts mehr.Geduld haben? Wie lange denn noch, sagt die Frau, die nach mehreren kaputten Beziehungen das Warten auf ihren Wunschpartner aufgegeben hat. Sich vertrauen? Es ist zuviel vorgefallen, denkt sich das Paar, das in seiner Ehe in einer Sackgasse steckt und nicht weiß, wo sie in einem Jahr stehen werden. Viele Menschen gehen gebeugt durch`s Leben. Was richtet sie wieder auf? Dazu eine Geschichte aus der Bibel.

Gebückt ist man vom Leben oft ausgeschlossen

Die Frau hat einen krummen Rücken. Aufrecht stehen kann sie nicht, ihr Oberkörper ist ständig nach vorne geneigt, und das schon ein halbes Leben lang. Früher konnte sie normal laufen und sitzen und stehen wie alle anderen auch. Dann verkrümmte sich ihre Wirbelsäule. Seither drückt die Krankheit sie nieder.

Wenn sie spazieren geht, hat sie immer den Boden vor Augen, sieht, wie ihre Füße einen Schritt vor den anderen setzen. Aus den Augenwinkeln nimmt sie die Beine der anderen Leute wahr, wenn sie an ihr vorbei laufen. Wenn sie nach oben gucken will, zum Beispiel um ihrem Gegenüber ins Gesicht zu sehen oder um einem Vogel nachzuschauen, dann muss sie den Kopf zur Seite drehen und mit den Augen nach rechts oder links schielen. Das strengt sie an, ihr Nacken verkrampft sich und sie bekommt leicht Kopfschmerzen. Also lässt sie es und sieht weiter auf den Boden. Von dem, was um sie herum passiert, davon bekommt sie immer nur die Hälfte mit. Wenn jemand etwas von der Frau will, beugt er sich kurz zu ihr hinunter, sieht ihr in die Augen, spricht mit ihr, richtet sich wieder auf, und fort ist er.

Da kann man nichts mehr machen, sagen ihre Ärzte. Dann muss ich mich damit abfinden, denkt sie irgendwann. Achtzehn Jahre lang geht die Frau so gebeugt durch`s Leben. Die Bibel berichtet, dass, als Jesus diese Frau sieht, er sie zu sich ruft. Er legt ihr die Hände auf und sagte: Sei gesund! Sogleich richtet sie sich auf, sie erhebt sich. Zum ersten Mal seit langer Zeit ohne Schmerz; sie fühlt sich frei, schaut verblüfft um sich, atmet durch, streckt sich. In ihrem Glück preist sie Gott.

Eine dieser biblischen Wundergeschichten, in denen die Heilung von jetzt auf gleich geschieht. Wir wissen: bei uns geht das nicht so schnell mit der Heilung. Aber die Geschichte zeigt mir trotzdem etwas sehr realistisches. Aufrecht gehen zu können, das gehört zur Würde des Menschen dazu. Der aufrechte Gang macht es möglich, anderen Menschen in die Augen zu blicken, ihnen auf einer Ebene und auf Augenhöhe zu begegnen. Der aufrechte Gang gehört zum Menschen dazu.

Zu dieser ganzen Persönlichkeit hilft Jesus der Frau. Er legt ihr die Hände auf und rührt sie an, und mit dieser Geste schenkt er ihr die Würde wieder, heilt sie und richtet sie auf. Oft brauchen Menschen solch eine Geste, die sie aufrichtet. Sie brauchen Aufmerksamkeit, jemanden der sieht, wie sie zusammen gekrümmt und gebeugt durch`s Leben gehen, wenn sie von der Arbeit im Beruf oder in der Familie erdrückt werden, Frauen wie Männer. Sie brauchen jemanden, der sie zu sich ruft, wenn sie gebeugt sind, weil sie Kummer haben oder alleine sind. Jemanden, der ihnen Mut macht und sagt: du kannst frei sein von deiner Last. Teile sie mit mir. Vielleicht kannst du dann wieder aufrecht gehen und durchatmen und Kraft sammeln für die nächsten Schritte.

Frieling
Pfarrer Ralf FrielingBild: DW

Zum Autor:Ralph Frieling (Jahrgang 1966) ist derzeit Pfarrer der Ev. Kirchengemeinde Weslarn. Er hat nach einem Studienjahr in Nes Ammim (Israel) evangelische Theologie in Heidelberg und zwei Semster in Melbourne (Australien) studiert. Es folgte Ende der Neunziger Jahre das Vikariat in Berlin; dort hat er auch angefangen, regelmäßig Radiosendungen zu machen. Anschließend war er vier Jahre lang Studienleiter in der Evangelischen Akademie Iserlohn im »Institut für Kirche und Gesellschaft« der Evangelischen Kirche von Westfalen. 2004 wechselte er als Pfarrer in die Gemeinde, zuerst im Kirchenkreis Hamm, dann ab 2008 in den Kirchenkreis Soest.