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"Jetzt fängt das Kribbeln im Bauch an"

25. Juni 2011

Die deutschen Fußballerinnen starten nach zehn Wochen Vorbereitungszeit gegen Kanada in die FIFA-Frauenfußball-WM. Vor gut 73.000 Zuschauern im Berliner Olympiastadion soll für die Titelverteidigerinnen ein Sieg her.

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Drei weibliche deutsche Fußballfans. (AP Photo/Daniel Roland)
Bild: AP

Jetzt gilt es. Zu sieben Vorbereitungslehrgängen hatte Bundestrainerin Silvia Neid ihre Spielerinnen geladen, um Taktik, Technik und auch den Teamzusammenhalt zu trainieren. Nach zehn Wochen schweißtreibender WM-Vorbereitung müssen die deutschen Nationalspielerinnen nun ihr Können gegen ihren ersten Gegner Kanada unter Beweis stellen – und das vor der Rekordkulisse von 73.680 Zuschauern im ausverkauften Berliner Olympiastadion. Außerhalb der USA haben noch nie so viele Fans ein Frauenfußballspiel im Stadion gesehen. "Die kommen alle unsertwegen", freut sich Rekordnationalspielerin Birgit Prinz. Die 33-Jährige wird die deutsche Mannschaft auf den Platz führen. Es ist ihre fünfte Teilnahme an einer Weltmeisterschaft und am Sonntag (26.06.2011) schließt sich für sie ein Kreis: Bei ihrem ersten Länderspieleinsatz im Alter von gerade einmal 16 Jahren traf sie ebenfalls auf Kanada. "Ich erlebe es nicht als Druck", sagt sie. "Wenn wir gut spielen – wovon ich ausgehe – dann ist es wesentlich cooler, wenn über 70.000 Zuschauer jubeln und sich freuen und eine Welle machen, als wenn es nur 150 sind."

Kanadierinnen so gut wie nie

Die kanadische Spielerin Christine Sinclair (l.) und die deutsche Spielerin Kim Kulig posieren vor einer Aufstellwand der Fifa - Kampagne "Live your goals". (Foto: Axel Heimken/dapd)
Kanadas Topstürmerin Sinclair (l) mit Deutschlands KuligBild: daod

Die Nordamerikanerinnen, die seit jeher im Schatten ihrer großen Rivalinnen aus den USA stehen, haben sich in den letzten Jahren bis in die Elite der Weltrangliste vorgearbeitet: Platz sechs belegen sie nun. Ihr bestes Ergebnis bei einer Weltmeisterschaft lieferten sie 2003 in den USA mit Rang vier. Für diese WM qualifizierten sie sich als Siegerinnen der CONCACAF-Gruppe, also den Teilnehmerinnen aus der Nord- Mittelamerika- und Karibikzone. Es waren eindrucksvolle Spiele, in denen Kanada unbesiegt und ohne ein einziges Gegentor blieb. "Die Ergebnisse zeigen die Entwicklung der Mannschaft", sagt die italienische Trainerin Carolina Morace, eine Freundin von Bundestrainerin Neid. "Wir treffen auf einen sehr starken Gegner, der vor allem zweikampfstark ist", ist Neid gewarnt. "Zudem sind die Kanadierinnen gerade im Offensivbereich gut bestückt." Die kanadische Rekordnationalspielerin Christine Sinclair, die wie Prinz ebenfalls Spielführerin ist, hat eine imposante Torquote vorzuweisen: 116 Treffer in 159 Länderspielen.

Überhaupt hat der Frauenfußball einen hohen Stellenwert in Kanada – die weibliche Nationalauswahl ist bekannter als ihr männliches Pendant. Nachdem Kanada den Zuschlag für die kommende WM 2015 bekommen hat, richtet sich das kanadische Augenmerk noch mehr auf seine Fußballerinnen. Mittlerweile spielen gut 568.000 Frauen und Mädchen organisiert Fußball – bei einer Einwohnerzahl von knapp 34 Millionen. Das heißt, im Verhältnis gibt es mehr Fußballerinnen in Kanada als in Deutschland. Zum Vergleich: Von insgesamt knapp 82 Millionen Deutschen sind gut eine Million Frauen und Mädchen in einem Fußballverein angemeldet.

Statistik spricht klar für Deutschland

Die Deutschen können allerdings relativ gelöst in das Eröffnungsspiel gehen. Als Gastgeberinnen und amtierende Europa- und Weltmeisterinnen sind sie die großen Favoritinnen auf den dritten Titel in Folge. In allen neun Duellen mit Kanada konnten sich die deutschen Spielerinnen durchsetzen – zuletzt mit einem klaren 5:0-Erfolg bei einem Länderspiel im September des letzten Jahres. "So leicht wird es nicht mehr gehen", vermutet Neid. Nicht nur aus rein statistischer Sicht ist eine deutsche Niederlage aber höchst unwahrscheinlich: Noch nie hat eine deutsche Auswahl einen WM-Auftakt verloren. Die letzte WM-Pleite reicht sogar bis in das letzte Jahrtausend: 1999 im Viertelfinale gegen die USA (2:3). In den darauffolgenden zwei Weltmeisterschaften blieb Deutschland bei neun Siegen in insgesamt zwölf Spielen ungeschlagen.

Prinz und Grings gesetzt

Birgit Prinz hält den WM-Pokal 2007 hoch.(AP Photo/Anja Niedringhaus)
Will noch einmal Weltmeisterin werden: Birgit Prinz (m).Bild: AP

Dass der deutsche Kader auf allen Positionen auch doppelt sehr gut besetzt ist, hat die Vorbereitung gezeigt. Die jungen Spielerinnen haben in den Testspielen auf sich aufmerksam gemacht. Dennoch setzt Bundestrainerin Neid im Auftaktspiel zunächst auf ihre Routiniers Prinz und Stürmerin Inka Grings. Sie sollen die Gegnerinnen müde spielen und dann vielleicht Platz machen für die quirligen Nachrücker.

Vor den Augen von FIFA-Präsident Joseph Blatter, FIFA-Vizepräsident Michel Platini sowie Bundespräsident Christian Wulff, Bundeskanzlerin Angela Merkel und DFB-Präsident Theo Zwanziger sollen die ersten drei Punkte her, sagt Neid. "Ein Sieg zum Start wäre ganz wichtig. Wir wollen gut ins Spiel kommen, um die Zuschauer gleich hinter uns zu bringen." Und natürlich, um die erste Frauenfußball-WM in Deutschland gleich mit einen Traumstart zu beginnen. "Jetzt fängt das Kribbeln im Bauch an", gibt Neid zu. "Wir haben lange dafür gearbeitet und jetzt wollen wir natürlich zeigen, was wir alles trainiert haben."

Autorin: Olivia Fritz
Redaktion: Tobias Oelmaier