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Joey Goebel: Freaks

Wim Abbink12. September 2006

Wenn sie Musik machen, setzen sie ihre eigenen Macken unter Strom. Fünf Außenseiter in einem gottverlassenen Nest im mittleren Westen der USA, mit denen niemand etwas zu tun haben will.

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Luster, Aurora, Opal, Ember und Ray passen zusammen wie die Faust aufs Auge. Die fünf Außenseiter aus Joey Goebels Roman sind ausgeflippt, unangepasst und auch ein wenig - physisch oder psychisch - entstellt. In einer Kleinstadt in Kentucky rebellieren sie gegen das langweilige Spießerleben, sie sind "Freaks".

Buchcover: Joey Goebel - Freaks

Opal, eine sexbesessene 80-Jährige, geht am liebsten in Sex-Pistols-T-Shirt und Cowboystiefeln auf Achse. Sie arbeitet als Kindermädchen und findet in ihrem Schützling Ember ein ebenbürtiges Pendant. Das frühreife, von den Eltern vernachlässigte achtjährige Mädchen schreit seinen Hass auf alles und jeden in die Welt hinaus. Aurora, ehemalige Striptänzerin, ist eine umworbene Schönheit, die alles sein möchte, nur das nicht. Also inszeniert sie sich als an den Rollstuhl gefesselte Satanistin.

Musik, so schräg wie das Leben

Luster verachtet zwar Drogen, wirkt aber immer so, als sei er gerade auf einem Trip. Seine geschwollene Ausdrucksweise und die manische Angewohnheit, jedes Wort seines Gegenübers auf die Goldwaage zu legen, geben ihm etwas Diabolisches. Und dann wäre da noch Ray, der mit Frau und Sohn nach Amerika kam, um sein Kriegstrauma zu überwinden. Im ersten Irak-Krieg schoss er einen amerikanischen Soldaten an und widmet sein Leben in den USA der Suche nach seinem Opfer, bei dem er sich entschuldigen möchte.

Neben ihrer offensichtlichen Extravaganz verbindet die fünf ihre Liebe zur Musik. Und die praktizieren sie wie das Leben selbst: Ohne Können, dafür aber umso exzessiver.

Absurd, aber stilsicher

Goebel ist ein noch junger Schriftsteller (Jahrgang 1980), der mit Wortgewalt und stilistischer Sicherheit die absurdesten Geschichten durch unwegsames Gelände manövriert. Seine Dialoge peitschen nur so durch das Buch, sie sind nah am Zeitgeist und zeugen doch von hellsichtiger Tiefgründigkeit. "Freaks" wirkt wie ein etwas unausgereiftes Erstlingswerk - was es tatsächlich auch ist. Denn sein Roman "Vincent", der 2005 in Deutschland erschien, hat er erst später geschrieben.

Joey Goebel
Der US-amerikanische Schriftsteller Joey GoebelBild: pa/dpa

Joey Goebel
Freaks
Diogenes, 2006
ISBN 3-257-06546-9
EUR 15,00