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Journalistische Gartenparty

Konstantin Klein 16. Mai 2002

Was auf dem Bildschirm zu sehen ist: ein Korrespondent vor einem malerischen Hintergrund, kluge Dinge in die Kamera sagend. Was nicht zu sehen ist, erklärt DW-TV-Korrespondent Konstantin Klein.

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Der Auftrag: Berichterstattung über die Vernehmung des Rüstungslobbyisten Karlheinz Schreiber durch den Parteispenden-Untersuchungsausschuss. Der Ort: Die Residenz des deutschen Generalkonsuls in Toronto, Canada. Die Umstände: bizarr.

Ja, "bizarr" ist das richtige Wort.

Ein Partyzelt im strömenden Regen, aufgebaut im Garten des Generalkonsuls. Daneben brummt eine transportable Heizung; die ebensolche Toilette blockiert die Einfahrt zur Garage. Im Zelt: 15 Journalisten, vier Kameraleute, vier Tontechniker, ein Topf Gulaschsuppe (gut), ein großer Sack Brötchen (gut), zwei große Kannen Kaffee (ja), zehn Steckdosen und ein Telefonanschluss, um die sich die Anwesenden zivilisiert kloppen, ständiges Funktelefongepiepe und dicke Luft.

Letztere ist zu gleichen Teilen der Heizung, den feuchten Klamotten der Menschen im Zelt und der uneingestandenen Nachrichtenarmut des Tages zuzuschreiben.

Alle ein bis zwei Stunden kommt Leben in die Bude. Dann erscheint entweder ein Mitglied des Untersuchungsausschusses im Zelt und gibt seine Eindrücke von der Sitzung im konsularischen Wohnzimmer wieder, oder alle machen sich auf den Weg in den strömenden Regen, bauen Kameras und Mikrophone vor dem Eingang der Residenz auf und warten auf die
offizielle Bewertung durch die Sitzungsteilnehmer.

Wenn es in Deutschland 19:00 Uhr ist, tritt der Mann vom ZDF vor die Kamera des Übertragungswagens; eine Stunde später ist der Kollege von der ARD dran. Der DW-TV-Reporter genießt den Luxus, nicht live, sondern zeitversetzt zu berichten und deshalb eine kurze Pause im Regen abwarten zu können. Leider ist die Regenpause noch kürzer als der Auftritt des Reporters.

Ergebnis zweier Tage im Wohnzimmer (der Ausschuss) bzw. im Zelt (die journalistische Meute): Herr Schreiber hat was gesagt. Das beweist entweder etwas, wenn man den SPD-Vertretern glaubt, oder es beweist nichts, wie die Abgeordneten der Union behaupten. Außerdem hat sich die Meute das Schuhwerk ruiniert und den Rasen des Konsuls zertrampelt.

Schade drum.