1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Jubel, Trubel, Sicherheitsdienste

Steffen Leidel2. März 2006

Sicherheit ist eines der sensibelsten Themen der Fußball-Weltmeisterschaft. Die Polizei stößt an ihre Grenzen. Das freut private Sicherheitsdienstleister.

https://p.dw.com/p/82Ie
Security-Mitarbeiter im Leipziger StadionBild: picture-alliance/ ZB

Fröhlich, locker, unbekümmert: So soll die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland werden. "Panzer im Umfeld von Stadien: Das wäre nicht in meinem Sinne", sagte der Geschäftsführende Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) Theo Zwanziger kürzlich in einem Zeitungsinterview. "Wir wollen, dass sich die Leute in den Armen liegen. Wenn im Hintergrund, und sei es vorsorglich, Panzer stehen, funktioniert das nicht."

Dass die Bundeswehr zum Objektschutz bei der WM eingesetzt wird - wie jüngst noch von Bundesinnenminister Schäuble gefordert - scheint inzwischen vom Tisch. Das Organisationskomitee der WM rechnet mit mehr als sieben Millionen Besuchern. Für solch ein Mega-Event kann die Polizei alleine nicht für Sicherheit sorgen. Private Sicherheitsdienstleister sollen hier Abhilfe schaffen. "Ein Glücksfall für die Branche", sagt Harald Olschok, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen (BDWS). Und gleichzeitig eine nie da gewesene Herausforderung. "Für die relativ kurze Zeit von sechs Wochen wird es einen sehr großen Bedarf geben, rund 12.000 Personen müssen eingesetzt werden. Mit Stammkräften ist das nicht zu machen."

Anzahl der Mitarbeiter wird aufgestockt

Eingesetzt werden private Sicherheitsfirmen vor allem für den Schutz der 32 Mannschaftsquartiere und in den Innenbereichen der 12 WM-Stadien. Auch bei Außenübertragungen auf Videoleinwänden werden private Firmen Schutzfunktionen übernehmen. "In mindestens 200 Städten werden die Spiele auf Großleinwänden übertragen", sagt Olschok. Die so genannten "Public-Viewing"-Zonen gelten als besonders sensible Bereiche. Allein auf der Straße des 17. Juni in Berlin werden bei den WM-Spielen mehr als 100.000 Fans erwartet.

Sport Fussball WM06 Sicherheit Wirtschaft Ein Flitzer wird im Westfalenstadion in Dortmund von Ordnungskräften vom Spielfeld geführt
Ein Flitzer wird von Ordnungskräften vom Spielfeld geführtBild: picture-alliance/ dpa/dpaweb

Bei der Sicherung der Innenbereiche der WM-Stadien kommen vor allem die Unternehmen zum Zuge, die schon bei Bundesliga-Spielen für Security-Aufgaben zuständig sind. In Hamburg ist das beispielsweise die Firma Power. "Bei einem normalen Bundesliga-Spiel kommen etwa 350 bis 400 Sicherheitskräfte zum Einsatz, bei normalen Länderspielen 450. Bei den WM-Spielen wird sich diese Zahl noch einmal verdoppeln", sagt Power-Geschäftsführer Carsten Klauer.

Das Unternehmen Leipziger Löwen, das in der sächsischen Stadt für die Stadionsicherheit sorgen wird, wird sein Mitarbeiterstock von 160 vorübergehend auf über 1500 aufstocken. "Dafür haben wir eng mit der örtlichen Arbeitsagentur zusammengearbeitet, die extra ein eigenes WM-Büro gegründet haben", sagt Ramón Rodriguez, der das WM-Team der Leipziger Löwen koordinieren wird. "Wir suchen noch Leute", sagt Rodriguez. Grundsätzlich könne sich jeder bewerben, der zwischen 18 und 40 Jahre alt und nicht vorbestraft ist. Allerdings muss sich jeder Mitarbeiter auch einem Sicherheitscheck durch das BKA unterziehen.

Roboter überwachen Stadion in Hamburg

Olschok erwartet insgesamt einen ruhigen Verlauf der WM. "Aufgrund der getroffenen Maßnahmen, zum Beispiel dass nur Personen eingelassen werden, deren Name bekannt ist, gehen wir davon aus, dass wir in den Stadien selber eine fast absolute Sicherheit haben." Hooligans werden es schwer haben, in die Stadien zu kommen. Sollte es dennoch zu Randale kommen, stehe die Polizei im Hintergrund bereit. Die Sicherheitsleute selbst seien nicht bewaffnet. "Wir haben das Hausrecht und das erlaubt es uns, dass wir jemanden, wenn es sein muss, mit Gewalt aus dem Stadion verweisen können", sagt Power-Chef Klauer.

Polizei im Stadion
Solche Bilder soll es zur WM 2006 nicht gebenBild: AP

Trotz aller Vorbereitung: Es bleiben Unwägbarkeiten. "Bei den Bundesligaspielen kennen wir die Abläufe sehr gut, bei der WM werden diese völlig anders sein. Sehr viele VIPs werden beispielsweise direkt mit dem Hubschrauber zu den Spielen eingeflogen." Außerdem hat das OK die Vorgabe gemacht, dass die Stadien für die gesamte Zeit der WM rund um die Uhr bewacht werden müssen, eine große technische und personelle Herausforderung. Die Firma Power wird einen Roboter innerhalb und außerhalb des Stadions einsetzen. "Der ist mit Spezialkameras ausgerüstet, die auf Bewegung reagieren und er kann Live-Bilder in die Leitstellen übermitteln."

Deutsche Bahn schult

Die Sicherheitsleute werden noch speziell geschult - so die Vorgabe des OK. Das hat den Auftrag an die Deutsche Bahn vergeben. "Unsere Tochter DB-Training wird alle 12.000 Teilnehmer schulen", bestätigt Bahn-Sprecher Uwe Herz. Ein Schwerpunkt liege auf dem Verhaltenstraining. "Hier geht es darum, wie trete ich sicher und freundlich auf", so Herz. Und warum hat ausgerechnet die Bahn den Auftrag erhalten? "Wir sind ein Bildungsanbieter, der europaweit anerkannt ist", sagt Herz. Manch einer der Sicherheitsleute munkelt hinter vorgehaltener Hand, die Bahn habe den Auftrag bekommen, da sie als wichtiger Sponsor der WM auftrete. Nicht jeder sieht die Notwendigkeit dieser Extra-Schulung, zumal die Bahn nicht alle Trainer aus ihrem Stammpersonal stellen kann und so Trainer von Sicherheitsfirmen anheuern muss.

Ein Riesengeschäft wird die WM für die Sicherheitsfirmen nicht unbedingt werden. "Der Aufwand, den wir betreiben, ist erheblich. Wir haben hauptberufliche Mitarbeiter, die morgens bis abends nichts anderes machen, als die WM vorzubereiten. Dieser Aufwand wird sicher nicht überbezahlt", sagt Klauer, der mit einem eher "mageren Gewinn" rechnet. Dennoch lohne sich der Aufwand. Dabei sein ist bekanntlich alles.