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Erneuerbare Energien

1. Juli 2011

Wie kann die Welt von morgen nachhaltiger und klimafreundlicher werden? In Berlin arbeiten Studenten an dieser Frage in Sommer-Universitäten. Und manchmal gelingt sogar der Brückenschlag aus dem Hörsaal in die Praxis.

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Nachwuchswissenschaftler ertüfteln bei der Gasag-Summer School auf dem Berliner Gelände des Europäischen Energieforums (EUREF) neue Ernergiekonzepte für 2030. (Foto: Richard Fuchs, DW)
Die Tücken liegen im DetailBild: DW

Früher wurde auf dem alten Industriegelände mit den roten Backsteinfabrikgebäuden Erdgas gespeichert. Jetzt tüfteln rund 30 europäische Nachwuchswissenschaftler zwei Sommerwochen lang im Schatten eines alten Berliner Speicherturms an Energiekonzepten der Zukunft. Klaus Haschker vom Berliner Erdgas-Unternehmen GASAG, der die Summer-School unterstützt, sieht in Deutschland eine wichtige Vorreiterfunktion beim Umstieg auf erneuerbare Energien. "Eine sichere Energieversorgung wird in Zukunft noch dezentraler und noch erneuerbarer sein, das gilt auch und besonders für die Regionen Südamerika, Afrika und Asien. Und ich glaube, hier spielt Deutschland eine ganz wichtige Rolle."

Studienobjekt Energiewende

In fünf Projektgruppen entwickeln die jungen Ingenieure, Mathematiker und Ökonomen auf dem Energie-Campus EUREF der Technischen Universität Berlin neue Ideen, wie Energie produziert, gespeichert und transportiert werden soll. Ihre Fragen: Wie lassen sich Windräder, Solaranlagen und Biogasproduzenten mit ihren unterschiedlichen Produktionszeiten so koordinieren, dass am Ende konstant Strom zur Verfügung steht? Wie sieht das optimal gedämmte Haus aus? Und wie lässt sich das Stromnetz effizienter organisieren?

Teilnehmer der Summer School Torben Möller, untersucht in seiner Abschlussarbeit die Expansion deutscher Windkraftanlagenhersteller in die Schwellenländer
Torben Möller untersuchte die Windkraftindustrie in SchwellenländernBild: DW

Deutschland kann mit Ideen helfen, C02 zu senken

Denkblockaden oder Tabus gebe es dabei keine, sagt Professor Frank Behrendt, Organisator der Sommer-Universität und Sprecher für Energiefragen der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (ACATECH). Nur der Blick dafür, dass Energie weit mehr sei als ein paar Kraftwerke und Leitungen, dürfe nicht verloren gehen. "Deutschland ist für circa drei Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich", gibt Behrendt zu bedenken, "so dass wir selbst bei signifikanter Reduktion dieser Emissionen das Weltklima natürlich nicht retten können." Vielmehr könnten deutsche Unternehmen zusammen mit der Wissenschaft Produkte entwickeln, die dann im weltweiten Wettbewerb zu erheblichen Vorteilen führten. "Weil wir dann eben First Mover, also erster Entwickler sind."

Energie-Know-how als Exportschlager

Die zukünftigen Entwickler und Energie-Manager sitzen in Berlin im Sommer jetzt aber erst einmal im Hörsaal, lauschen Fachvorträgen über Kraftwerkstechnik, intelligente Stromnetze und grüne Unternehmensgründung. Sie besuchen selbst Kraftwerke und organisieren gemeinsam die wenige freie Zeit, die ihnen neben Projektarbeit und Vorlesungen bleibt.

Das Team von DeCo, hier bei der Kompostierungsanlage in Tamale, Ghana. Einige Team-Mitglieder stammen aus Ghana, andere dagegen aus Italien, Deutschland, den USA und der Schweiz. (Copyright DeCo, Foto Christoph Schmitz)
Das Team von DeCo in GhanaBild: DeCo!-Sustainable Farming

Erfolge durch Kooperation

Dass der Know-how-Transfer im Energie- und Klimaschutzbereich auch in der Praxis und nicht nur im Hörsaal funktioniert, haben fünf internationale Studierende auf dem Berliner Energie-Campus bereits im letzten Jahr bewiesen. Bei einer Summer School trafen vier Studenten aus Europa und Amerika auf einen Teilnehmer aus Ghana. Dabei entstand die Idee für "DeCo!", ein Klima- und Umweltschutzprojekt in Ghana, das inzwischen mit dem UN-Nachhaltigkeitspreis SEED ausgezeichnet wurde.

Der Innenhof der Kompostierungsanlage in Tamale, Ghana, Arbeiter verwandeln hier biologische Abfallprodukte in Bio-Dünger. (Copyright DeCo, Foto Christoph Schmitz)
Die Kompostierungsanlage in Ghana verwandelt biologische Abfallprodukte in Bio-DüngerBild: DeCo!-Sustainable Farming

"DeCo! ist ein soziales Unternehmen. Wir arbeiten mit den Kleinbauern vor Ort zusammen, denn uns wurde klar, dass gerade im Savannengebiet Nordghanas mit dem ausgelaugten Ackerboden etwas geschehen muss", erzählt Mitgründer Yakubu Inusah aus Ghana. "Der Boden ist ausgebeutet, hat nur noch wenig organische Biomasse in sich. Nicht zuletzt, weil über Jahrzehnte Kunstdünger darauf geworfen wurde." Deswegen hatten die Gründer von DeCo! die Idee, dem Boden das organische Material durch Kompost zurückzugeben, um Landwirtschaft im Norden Ghanas wieder möglich zu machen.

Bio-Dünger für die Dorfgemeinschaft in Ghana

Auch vor DeCo! gab es schon Versuche, im Norden Ghanas Anlagen für die Bio-Düngerproduktion zu etablieren. Doch entweder die Qualität des Düngers stimmte nicht, oder die Finanzierung war nicht gesichert. Für beides hatten die fünf Teilnehmer der Summer School und ihre lokalen Partner in Ghana die richtigen Antworten. Professionelle Kleinbetriebe wurden konzipiert, basierend auf passgenauen technischen Erfahrungen aus der europäischen Abfallverwertungsindustrie. Und die lokale Bevölkerung wird eingebunden - als Konsument, Produzent und Mitarbeiter der Bio-Düngerproduktion.

Ein Blick in die Summer University
Gasag-Summer School 2011Bild: DW

So kauft das soziale Unternehmen DeCo! den Einwohnern von bis zu sechs Dörfern ihre biologischen Abfälle und Speisereste ab, um sie dann zu nährstoffreichem Dünger weiterzuverarbeiten. Vor allem Kleinbauern können den Bio-Dünger danach zu erschwinglichen Preisen wieder zurückkaufen. Ein Kreislauf, an dessen Ende Jobs vor Ort und guter Boden stehen.

Gute Jobperspektiven

Noch sind die Studenten der diesjährigen Energie-Summer School nicht so weit, fertige Lösungen wie im Falle DeCo! zu präsentieren. Doch bei der Abschlusspräsentation ihrer fünf Projektgruppen wurde deutlich: ohne internationale Zusammenarbeit und die Einbeziehung der Gesellschaft wird der Umbau des Energiesystems nicht funktionieren. Gute Aussichten für Menschen, die hier neue Wege für die weltweite Energieversorgung von morgen studieren, erproben und entwickeln.

Autor: Richard A. Fuchs
Redaktion: Gero Rueter