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Krisengipfel

3. April 2007

Der Machtkampf in der Ukraine geht weiter: Präsident Juschtschenko warnte seinen Gegenspieler Ministerpräsident Janukowitsch vor Gewaltanwendung. Die Armee erklärte sich loyal zum Präsidenten.

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Anhänger von Ministerpräsident Viktor Janukowitsch in Kiew, AP
Anhänger von Ministerpräsident Viktor Janukowitsch in KiewBild: AP
Gegner: Janukowitsch und Juschtschenko (r), AP
Gegner: Janukowitsch und Juschtschenko (r)Bild: AP

Präsident Viktor Juschtschenko warnte seinen Widersacher Ministerpräsident Viktor Janukowitsch nach einem gemeinsamen Treffen am Dienstag (3.4.07) davor, in dem Konflikt Gewalt zur Lösung des Machtkampfs anzuwenden. "Ich als Oberkommandierender werde keine Gewalt zulassen", sagte der Staatschef nach Angaben des Präsidialamtes. Juschtschenko beriet sich auch mit den Leitern der Sicherheitsbehörden.

Verteidigungsminister Anatoli Grizenko erklärte die Loyalität der Armee, ähnlich äußerte sich der Geheimdienst SBU. Die Verwaltungen mehrerer Regionen in der Westukraine stellten sich hinter Juschtschenko, aus dem Osten kamen Solidaritätserklärungen mit Janukowitsch.

Janukowitsch: "Großer Fehler"

Aus Protest gegen die Auflösung des Parlaments sind tausende Anhänger von Ministerpräsident Janukowitsch am Dienstag nach Kiew geströmt. "Der Präsident hat einen großen Fehler gemacht", sagte Janukowitsch vor mehreren tausend Anhängern, die vor der Obersten Rada in Kiew gegen die Auflösung der Volksvertretung protestierten. Die Gefolgsleute von Präsident Juschtschenko kündigten Gegendemonstrationen an.

Juschtschenko erklärte am Mittag alle Regierungsbeschlüsse für ungültig, mit denen der Regierungschef auf die Auflösung des Parlaments reagiert hatte. Janukowitschs Abgeordnetenmehrheit hatte unter anderem die Zentrale Wahlkommission der Ukraine für abgesetzt erklärt und Geld für Neuwahlen gesperrt.

Die Abgeordneten der Regierungsparteien waren am Morgen trotz der von Juschtschenko verfügten Auflösung des Parlaments zu einer Krisensitzung zusammengetreten. Juschtschenkos Partei "Unsere Ukraine" und die Partei von Julia Timoschenko, berieten in getrennten Sitzungen über die tiefe Verfassungskrise des Landes. Timoschenko sagte, Juschtschenkos Entscheidung sei "der einzig richtige Schritt" gewesen. In der Obersten Rada habe sich eine "antidemokratische Koalition" unter Ministerpräsident Janukowitsch gebildet, deren Handeln die staatliche Unabhängigkeit direkt bedroht habe.

"Gegen das Volk"

Juschtschenko hatte am Montag die Abgeordnetenkammer aufgelöst und Neuwahlen angesetzt. Als Wahltermin bestimmte er den 27. Mai. Das Parlament widersetzte sich der verfügten Auflösung in einer nächtlichen Sitzung und rief das Verfassungsgericht an.

Janukowitsch verurteilte die Auflösung als "gegen das ukrainische Volk gerichtet". Zunächst müsse das Verfassungsgericht über die Gültigkeit des Präsidentenerlasses entscheiden. Der Präsident müsse verstehen, dass durch vorgezogene Parlamentswahlen auch eine Neuwahl des Präsidenten unausweichlich werde, drohte Janukowitsch.

Wochenlange Zuspitzung

Ukraine Regierungskrise Wahlen Julia Timoschenko
Julia TimoschenkoBild: AP

Der Machtkampf hatte sich in den vergangenen Wochen zugespitzt. Juschtschenko wirft seinem Rivalen unter anderem vor, seine Machtposition auszubauen, indem er gezielt Abgeordnete aus dem Oppositionslager abwerbe. Im März wechselten elf Gefolgsleute des Präsidenten im Parlament ins Regierungslager. Die Auflösung des Parlaments war für Juschtschenko nach Ansicht von Beobachtern der letzte Ausweg, nachdem er in den vergangenen Monaten einen schleichenden Machtverlust hinnehmen musste.

Janukowitsch gab sich seit seiner Rückkehr in das Amt des Regierungschefs weniger russlandtreu als früher. Er nutzte jede Gelegenheit, die Macht des Präsidenten zu beschneiden. Dabei half eine Verfassungsänderung, die während der Orangenen Revolution dem Parlament mehr Macht zugesprochen hatte. Über die Details der neuen Machtbalance streiten sich aber seitdem alle Seiten. (sams)