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Justiz ermittelt gegen Gruben-Chefs

19. Mai 2014

In der Bewertung der Gruben-Katastrophe gehen die Ansichten von Betreibern und Betroffenen weit auseinander. Und die Politik hielt stets eine schützende Hand über die Grubenbosse. Das scheint sich aber gerade zu ändern.

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Polizist vor der abgeriegelten Regionalverwaltung im westtürkischen Soma (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die Staatsanwaltschaft greift nun offenbar wirklich durch. Damit gehen die Ermittlungen zu den Ursachen des fürchterlichen Grubenunglücks mit 301 Toten in eine neue Phase. Die Polizei in der westtürkischen Stadt Soma hat am Sonntag 25 Verdächtige vorübergehend festgenommen. Darunter waren Manager der Betreibergesellschaft sowie Angestellte. Nachdem sie von Staatsanwälten verhört worden waren, entschied am Abend ein Gericht, drei Personen in Gewahrsam zu behalten. Gegen sie werde ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung eingeleitet, sagte Staatsanwalt Bekir Sahiner.

Seit Samstag wird nicht mehr nach weiteren Opfern des Unglücks gesucht. Mit dem Ende der Bergungsarbeiten hat die Staatsanwaltschaft den Zugang zum Bergwerk bis auf einen kleinen Eingang zumauern lassen. Nur Ermittler dürfen die Grube betreten, aber niemand von der Werksleitung, damit dort keine Spuren verwischt werden. Das Bergbauunternehmen Soma Kömür Isletmeleri hat bislang sämtliche Vorwürfe zurückgewiesen und behauptet, die Mine sei in einem tadellosen Zustand gewesen. Auch die Regierung in Ankara hatte der Bergwerks-Firma öffentlich bescheinigt, nicht gegen Sicherheitsauflagen verstoßen zu haben. Mehrere Bergarbeiter wussten jedoch von erheblichen Sicherheitsmängeln in der Grube zu berichten.

Angespannte Stimmung

Nicht nur das Bergwerk, auch die Zufahrtstraßen in die Stadt Soma waren am Wochenende abgeriegelt. Aus Furcht vor neuen Protesten gegen das Bergbauunternehmen und die Regierung hatte der Lokalgouverneur Straßensperren errichten lassen und ein Demonstrationsverbot verhängt. Nach der Katastrophe hatten Tausende Menschen in mehreren Städten den Rücktritt der Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan gefordert. Die Polizei ging mit Wasserwerfern und Tränengas gegen die Protestierenden vor.

In Deutschland schlägt ein geplanter Auftritt des türkischen Ministerpräsidenten politische Wellen. Erdogan will am kommenden Samstag in Köln zu seinen Landsleuten sprechen. Es wird erwartet, dass der 60-Jährige Präsident seines Landes werden und in der Lanxess-Arena um Stimmen werben will. An der Präsidentenwahl am 10. August dürfen erstmals auch die im Ausland lebenden Türken teilnehmen. Politiker von CDU/CSU, SPD und Grünen werten Erdogans "Wahlkampf" angesichts der Bergwerkskatastrophe als ein "völlig falsches Signal" und einen "Missbrauch des Gastrechts".

Der Kölner Oberbürgermeister Jürgen Roters riet Erdogan indirekt, den Besuch abzusagen. Es gebe jetzt "Wichtigeres, als reine Wahlkampftermine im Ausland wahrzunehmen", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Die Polizei in der Domstadt rechnet mit mehr als 10.000 Demonstranten und bereitet sich auf einen Großeinsatz vor.

rb/det (afp, dpa, rtr)