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Justiz macht Wahlsperre rückgängig

3. Februar 2010

Die irakische Justiz hat die umstrittene Sperre von mehr als 500 meist sunnitischen Bewerbern für die Wahl im März gestrichen. Einen weiteren Anschlag auf schiitische Pilger in Kerbela konnte das nicht verhindern.

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Feuer nach Bombenexplosion (Foto: AP)
Trotz politischer Geste - die Anschläge vor der Wahl im Irak halten anBild: AP

Der Selbstmordattentäter sprengte sich am Mittwoch (03.02.2010) nach Angaben der örtlichen Polizei auf einem Motorrad in dem südirakischen Wallfahrtsort in die Luft. Mindestens 25 umstehende Menschen wurden mit in den Tod gerissen, mehr als 100 weitere der schiitischen Wallfahrer verletzt. Bereits seit Tagen sind sie Ziel tödlicher Attacken.

Händeschütteln der irakischen Koalitionsführer (Foto: AP)
Iraks Koalition aus Schiiten und Kurden lässt die sunnitische Minderheit bislang außen vorBild: AP

In Kerbela, einer den Schiiten heiligen Stadt, finden am Freitag die Feierlichkeiten zum Gedenken an den Märtyrer Hussein statt. Nach Angaben der Sicherheitsbehörden sind bereits fünf Millionen Pilger in der Stadt eingetroffen. Rund 30.000 Polizisten und Soldaten sollen das religiöse Großereignis gegen Terrorangriffe sichern.

Verstrickungen mit dem Regime Saddams

Die irakische Wahlkommission in Bagdad gab indessen im irakischen Staatsfernsehen den Weg für die Teilnahme von 511 zunächst gesperrten Kandidaten für die Parlamentswahl am 7. März frei. Ihr ursprünglicher Ausschluss war durch ein anderes Gremium erfolgt, das sogenannte Rechenschafts- und Justizkomitee. Dieses hatte die Politiker wegen möglicher Verstrickungen mit dem Regime des 2006 hingerichteten Diktators Saddam Hussein überprüft und - für befangen erklärt.

Beobachter hielten die anschließende Streichung von der Wahlliste vor allem für politisch motiviert. Betroffen war unter anderen der Führer der zweitgrößten sunnitischen Partei, Saleh el Mutlak. Der zuständigen Kommission wurde allzu große Nähe zu den in Bagdad regierenden religiös-schiitischen Parteien nachgesagt.

US-Vizepräsident Biden (Foto: AP)
Auch er kritisierte den Ausschluss der Sunniten: US-Vizepräsident BidenBild: AP

Die sunnitische Minderheit des Landes fasste die Entscheidung als Diskriminierung auf. Auch US-Vizepräsident Joe Biden hatte die Maßnahme bei seinem jüngsten Besuch in Bagdad vor zehn Tagen kritisiert. Die Teilnahme der Sunniten an der Wahl gilt als wichtige Voraussetzung für eine langfristige Stabilisierung des Landes. Der Sondergesandte der Vereinten Nationen für den Irak, Ad Melkert, sagte, die irakischen Behörden müssten einen Mittelweg zwischen dem Vorgehen gegen mutmaßliche Anhänger Saddam Husseins und der Organisation freier und fairer Wahlen finden.

Eine zweite Sperre zu erwarten

Ruhe finden die sunnitischen Kandidaten nach ihrer jetzigen Rehabilitation allerdings noch lange nicht. Sie würden nach der Stimmabgabe noch einmal genau überprüft, hieß es in Bagdad. Sollten ihnen dabei Verbindungen zur verbotenen Baath-Partei Saddams nachgewiesen werden, haben sie eine zweite Sperre zu erwarten.

Autor: Gerd Winkelmann
Redaktion: Michael Wehling