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Jutta Limbach - neue Ideen bei Goethe

Gernot Sittner24. Mai 2002

Gemeinhin sagt man ja, dass Reisen bildet. Diese Woche wurde uns ins Bewusstsein gerufen, dass schon die Vorbereitung darauf einen ähnlichen Impuls bewirken kann. Ein Kommentar von Gernot Sittner.

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Mit dem Begriff der auswärtigen Kultur-Politik kann der gewöhnliche Bundesbürger, der irgendwo zwischen Berchtesgaden und Flensburg lebt und vor allem im Urlaub die Republik verlässt, nicht viel an konkreten Vorstellungen verbinden. Er ist ja auch nicht ihr Adressat.

Gelegentlich hört er davon, dass sie neben der klassischen Diplomatie und der Pflege der Wirtschaftsbeziehungen die dritte Säule der Außenpolitik sein soll; sie findet ihre Adressaten also im Ausland; 3100 Mitarbeiter des Goethe-Instituts Inter Nationes sind die Mittler in 128 Kulturinstituten, die sich auf 76 Länder rund um den Globus verteilen.

In dieser Woche war Wechsel im Haupt-Quartier. Jutta Limbach, bis vor wenigen Wochen Präsidentin des Bundes-Verfassungsgerichts, wurde in München als Nachfolgerin Hilmar Hoffmanns in ihr neues Präsidentinnenamt an der Spitze des Goethe-Instituts eingeführt. Und die Reden, die bei dieser Gelegenheit gehalten wurden, waren geeignet, eine bisher wenig beachtete Rolle auswärtiger Kulturpolitik in den Vordergrund zu rücken.

Dass sie nicht wie auf einer Einbahnstraße sich auf deutschen Kulturexport in Form von Ausstellungen, Konzerten oder Dichterlesungen beschränken soll, ist längst zur politischen Selbstverständlichkeit geworden. Die Pflege des kulturellen Austauschs rangiert klar vor der Selbstdarstellung. Aber wer in einen Dialog eintreten will, muss sich - eine Binsenweisheit - zunächst einmal seiner eigenen Identität bewusst werden, muss wissen, welche Vorstellung er von sich selbst hat, wie er gegenüber seinem Gesprächpartner auftreten, sich definieren und wie er gerne wahrgenommen werden möchte.

So gesehen, hat auswärtige Kulturpolitik also auch eine Wirkung nach innen, ins eigene Land. Sie verpflichtet zur Selbst-Reflexion, zur kritischen Überprüfung eigener Wertvorstellungen und Positionen. Womöglich wäre dieser Schluss - drängte sich am Ende des Festakts in München auf - die Diskussion über das Zuwanderungsgesetz und dessen parlamentarische Behandlung anders, nämlich weniger blamabel, verlaufen, wenn allen Akteuren dies bewusst gewesen wäre.

Joschka Fischer drückte es in seiner Rede etwas allgemeiner aus: "Der Blick und der Austausch mit fremden Kulturen schärft", so der Außenminister, "auch die realistische Wahrnehmung des eigenen Landes, der eigenen Kultur". Auswärtige Kulturpolitik leiste so einen entscheidenden Beitrag zur Offenheit unserer Gesellschaft und zu ihrem inneren Frieden.