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Kämpfe in Elfenbeinküste für beendet erklärt

Ute Schaeffer 6. April 2005

Die Konfliktparteien im westafrikanischen Staat Elfenbeinküste haben sich in Pretoria auf eine Beendigung ihres fast vier Jahre dauernden Krieges geeinigt. Wie haltbar ist der "Friedensschluss"? Ute Schaeffer analysiert.

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UN-Friedenstruppen bleiben im LandBild: AP
Karte der Elfenbeinküste
Bild: DW

Seit dem Luftangriff auf Einheiten der unter UN-Mandat operierenden Licorne-Mission der Franzosen im November, haben Anarchie, Rechtlosigkeit und Kriminalität weiter um sich gegriffen. Die "jungen Patrioten" – Schlägertrupps von Präsident Laurent Gbagbo marodierten damals durch die Straßen der Hauptstadt Yamoussoukro. Tausende Franzosen mussten Hals über Kopf das Land verlassen. An der aufgeheizten und prekären Sicherheitslage in der westafrikanischen Republik hat sich bis heute nichts geändert. Radioanstalten und Zeitungen hetzen mit staatlicher Propaganda gegen Ausländer allgemein, und die Franzosen insbesondere. Gleichzeitig verbreitet sich ein Personenkult um den ominpräsenten Präsident Laurent Gbagbo, der mit den Vorreitern der nachkolonialen Ära verglichen wird – oder gleich mit König David, der sein Volk in die Freiheit führen wolle.

Auch nach dem Friedensschluss von Pretoria wird sich am Unfrieden in dem geteilten Land nichts ändern. Immer noch brandschatzen die "Jungen Patrioten" Gbagbos auf Zuruf des Präsidenten. Patriotisch aber ist weder ihr Auftrag noch ihr Ziel. Es geht schlicht um den Zugang zur Macht – wirtschaftlich wie politisch. Denn im Oktober sollen in der Elfenbeinküste ein neuer Präsident und ein neues Parlament gewählt werden.

Schlüsselfrage bleibt ungeklärt

Ein Kern des Konflikts zwischen den Rebellen und der Präsidialmacht ist Artikel 35 der Verfassung. In diesem wird festgeschrieben, dass für die Wahl des Präsidenten nur kandidieren kann, wessen Mutter und Vater in der Elfenbeinküste geboren ist - ein schwerer Schlag gegen die Opposition, deren Kandidat Alassane Ouattara auf diese Weise von der Wahl ausgeschlossen wird. Zugleich aber macht dieser Artikel jeden dritten Ivorer zum Bürger zweiter Klasse, denn fast die Hälfte der Einwohner stammt von Gastarbeitern aus den Nachbarstaaten ab. Diese Schlüsselfrage aber wird im Friedenschluss von Pretoria gar nicht erst behandelt, weshalb sich die Rebellen kaum auf eine Niederlegung der Waffen einlassen werden.

Frauen kaufen am 29.03.2004 auf einem Großmarkt in Abidjan Kokosnüsse zum Weiterverkauf. Elfenbeinküste
Großmarkt für Kokosnüsse in Abidjan: Findet das einst reiche Land zurück zum Frieden?Bild: dpa

Um einen dauerhaften Frieden steht es somit schlecht. Das zeigt auch die politische Entwicklung der vergangenen Monate: In einem UN-Bericht werden schwere Menschenrechtsverletzungen im Land beklagt. Verantwortlich sind sowohl die Rebellen im Norden wie regierungstreue Milizen im Süden. Die UN verlängerte die Mission der 6000 Blauhelmsoldaten in der Elfenbeinküste. Unterstützt werden sie von 4000 französischen Soldaten. Ende des vergangenen Jahres beschloss der Sicherheitsrat nach langem Hin und Her endlich ein Waffenembargo für die an Kleinwaffen überquellende Republik. Ein Reiseverbot für die Verantwortlichen auf Regierungs- und Rebellenseiten wurde verhängt.

Frieden nur auf dem Papier

In der Elfenbeinküste wurde der Staat zum Opfer machthungriger Clans. Für sie zählt nur eines: der Zugang zu Ressourcen, zu wirtschaftlicher und politischer Macht. Eine nachhaltige Politik ist nicht in Sicht. Zum Frieden fehlt der politische Wille. Die Zukunft des Landes ist den politisch Verantwortlichen egal. Das sind keine guten Voraussetzungen für den Friedenschluss von Pretoria, der nur aufgrund massiven politischen Drucks auf die Konfliktparteien durch die UN und die Afrikanische Union zustande kam.

So scheint der Vertrag vordergründig vor allem ein Ziel zu haben: den Erfolg des südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki als Friedensstifter unter Beweis zu stellen. Dieser wollte nach Vermittlungsmissionen im Sudan oder dem Kongo auch den westafrikanischen Brandherd Elfenbeinküste, der schnell auf die Nachbarstaaten Liberia, Guinea oder Burkina Faso übergreifen könnte, unter Kontrolle bringen. Ein Scheinsieg auf diplomatischem Parkett wurde also erreicht – und auch das nur unter massivem Druck von außen. Für die politische Entwicklung des ehemaligen Musterstaates und für die Wahlen im Herbst verheißt das nichts Gutes.