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Köhler fordert besseres Krisenmanagement in Afrika

Ute Schaeffer, Addis Abeba 16. Dezember 2004

Bundespräsident Horst Köhler hat in Addis Abeba eine Grundsatzrede vor der Afrikanischen Union (AU) gehalten. Angesichts zahlreicher Kriege und Krisen auf diesem Kontinent sparte er nicht mit Kritik.

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53 Staaten sind Mitglied in der Afrikanischen UnionBild: AP
Horst Köhler
Horst Köhler (Archiv)Bild: dpa

Es sei ein Prozess notwendiger Veränderungen in Gang gekommen und das sei positiv, bilanzierte der Bundespräsident seine Eindrücke der zehntägigen Afrikareise. In seiner Rede vor der Afrikanischen Union in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba forderte Köhler erneut die Entwicklung einer echten Partnerschaft zwischen den Staaten im Norden und Afrika. Von dieser würden beide Seiten profitieren.

Köhler ist nach eigenen Worten bewusst, dass Afrika seinen eigenen Charakter hat und einen wesentlichen Beitrag zum kulturellen Reichtum weltweit leistet. "Ich akzeptiere es aber nicht", fügte er kritisch hinzu, "wenn dieser eigene Charakter als Vorwand für Untätigkeit und als Freibrief für Unrecht und Drangsalierung der eigenen Bevölkerung herangezogen wird. Dieses festzustellen ist keine neokoloniale Einmischung, sondern eine weltbürgerliche Verpflichtung."

Konflikte als Teil des Alltags

Der Bundespräsident begrüßte, dass es in Afrika eine neue Politik gebe, die in der Arbeit der Afrikanischen Union und in dem von ihr verabschiedeten Nepad-Aktionsplan zum Ausdruck komme, in dem die Staaten der AU erstmals die kollektive Eigenverantwortung für die nachhaltige Entwicklung ihres Kontinents anerkennen und sich zu Demokratie, Menschenrechten und guter Regierungsführung bekennen. Es sei ein wichtiger Schritt, dass die Afrikanische Union in ihrer Gründungsakte die Möglichkeit friedensschaffender Einsätze vorsehe, wenn Völkerrecht verletzt werde. Das sei ein Zeichen zunehmender Selbstbestimmung, welche die afrikanischen Staaten bereit seien wahrzunehmen. Immer noch seien bewaffnete Konflikte Teil des afrikanischen Alltags, wie im Osten der Demokratischen Republik Kongo oder im Gebiet der großen Seen.

Köhler bewertete die Entsendung einer Eingreiftruppe der Afrikanischen Union in der westsudanesischen Region Darfur als richtigen Schritt. Diese Entscheidung sei ein klares Signal, dass die Afrikanische Union auch im Sicherheitsbereich ihrer Verantwortung gerecht werden wolle, erklärte Köhler und fand auch hier kritische Worte: "In Darfur kommt der Einsatz aber leider relativ spät; Vertreibungen, Vergewaltigungen und Morde können dadurch nicht ungeschehen gemacht werden. In Cote d'Ivoire hat der Bürgerkrieg seit Anfang November eine dramatische Wendung genommen. Mit Entsetzen sehe ich, wie hier die Stabilität einer ganzen Region aufs Spiel gesetzt wird."

Testfall für die AU

Der Einsatz der friedensschaffenden Truppen im Sudan gilt als Testfall für die Afrikanische Union. Anderthalb Millionen Menschen sind auf der Flucht, mehr als 70.000 seit dem März getötet. Sowohl die Rebellenorganisationen wie die Regierung brechen den vereinbarten Waffenstillstand. Zur Zeit befinden sich knapp 1000 afrikanische Zivilbeobachter und Militärs in Darfur. Insgesamt sollen es 3300 werden. Anfang Dezember hatte der Bundestag die logistische Unterstützung der AU-Mission in Darfur beschlossen: bis zu 200 Soldaten der Bundeswehr sollen die AU unterstützen und Lufttransporte durchführen.

Künftig allerdings, so forderte der Bundespräsident, müssten solche Krisen früher erkannt werden. Es gelte, mit Afrika und mit Hilfe der UN zu klären, in welchen Fällen ein Eingreifen politisch notwendig und legitim ist und wann nicht.