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Export-Schlager

Interview: Antje Passenheim, Washington13. November 2013

Im Mittleren Westen und Süden der USA florieren kleine und mittelgroße Firmen "Made in Germany." Über den Trend sprach DW mit Christian König, Inhaber der Kommunikationsberatung Koenig Communications in Washington.

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Christian König
Bild: Christian König

DW: Deutschland als Exportland hat die Amerikaner schon lange fasziniert. Nun gibt es einen neuen Ausfuhrhit made in Germany: Immer mehr mittelständische Unternehmen aus der Bundesrepublik gründen Werke in den USA. Kürzlich hat Kentucky die Ansiedlung von zwei weiteren deutschen Automobilzulieferern bekannt gegeben. Ein neuer Trend?

König: Auf jeden Fall. Die amerikanische Konjunktur zieht wieder an, und deshalb wird auch wieder stärker investiert - beispielsweise im Automobilsektor und aufgrund des Schiefergas-Booms auch in der petro-chemischen Industrie. Unlängst haben sich allein in Kentucky wieder zwei deutsche Automobilzulieferer niedergelassen. Damit sind sie in dem Bundesstaat in bester Gesellschaft. Allein in Kentucky haben mittlerweile rund 60 deutsche Unternehmen ihre Produktion aufgenommen, übrigens vorwiegend Mittelständler. Die haben dadurch mehr als 8.000 Arbeitsplätze geschaffen. Insbesondere ist das die Automobil-Zuliefererbranche, die sich besonders im Süden, nämlich in der Nähe der großen Autobauer niederlässt.

Aber auch in anderen amerikanischen Bundesstaaten ist der deutsche Mittelstand gut vertreten, etwa in Alabama, Michigan und Ohio. Deutsche Firmen beschäftigen in den USA fast 600.000 Mitarbeiter. Deutschland ist einer der größten ausländischen Arbeitgeber und Nummer sechs in der Folge der Exporte in die Vereinigten Staaten. Also ein wichtiger Markt, wenn man sich vor Augen führt, dass die Amerikaner hier 350 Millionen Einwohner haben, dazu 30 Millionen Kanadier und etwa 120 Millionen Mexikaner. So ergibt sich insgesamt ein Markt im Nafta-Rahmen, also im Rahmen der nordamerikanischen Freihandelszone, von 450 Millionen Konsumenten. Das entspricht ungefähr der Größe der Europäischen Union.

Deutschland ist als Exportweltmeister bekannt. Auch Präsident Barack Obama hebt es immer wieder als eines seiner Vorbilder hervor. Warum nicht einfach weiter Produkte in die USA ausführen, wie bisher?

König: Es wird nach wie vor viel aus Deutschland in die USA exportiert. Aber heute erwarten viele Hersteller von ihren Zulieferern, dass sie sich in ihrer Nähe ansiedeln. Es gilt das Produktionsprinzip "just in time" - also sofort - und "just in sequence" - in der Reihenfolge. Das heißt: Die großen Hersteller wollen nicht mehr das Risiko langer Liefer- und Logistikketten haben, beispielsweise den Transport von Ersatzteilen über den Atlantik. Sie wollen insbesondere auch die teure Lagerhaltung vermeiden, die unvermeidlich wäre, wenn man solche Logistikketten hat. Und deshalb erwarten sie von ihren großen Zulieferern, dass sie sich in der Nähe der produzierenden Werke ansiedeln. Und für die Zulieferer hat die Präsenz vor Ort ebenfalls deutliche Vorteile: mehr Flexibilität, niedrigere Transportkosten, keine Einfuhrzölle und Wechselkursrisiken.

Sind die amerikanischen Bundesstaaten nicht eher an großen Konzernen wie Volkswagen, BMW oder Daimler Benz interessiert? Die investieren auf einen Schlag oft Milliarden und schaffen Tausende Arbeitsplätze.

König: Die Mischung macht's. Die Bundesstaaten haben natürlich großen Wert auf die Ansiedlung von Großkonzernen gelegt. Sie haben aber mittlerweise erkannt, dass es wichtig ist, in der Wirtschaftsstruktur eine gute Mischung zu haben - von kleinen, mittleren und größeren Unternehmen. Und das hat zur Folge, dass man sich im Lauf der Jahre auch auf die deutschen Mittelständler konzentriert hat. Sie haben hier einen sehr guten Ruf: Innovative Produkte, fortschrittliche Produktionsmethoden, eine gute Ausbildung und Bezahlung der Mitarbeiter. Das hat sich herumgesprochen und erklärt auch, warum die Bundesstaaten offensiv um deutsche Mittelständler werben. Viele Gouverneure - also Ministerpräsidenten der Staaten - reisen nach Deutschland oder anderswo nach Europa, um eigens für ihren Bundesstaat zu werben und haben in der Zwischenzeit auch Vertretungen in einzelnen Bundesländern aufgebaut.

Die Standortwerbung ist das eine. Aber mit welchen bürokratischen Hürden und unvorhergesehenen Unterschieden muss man denn als Investor tatsächlich rechnen?

König: In Sachen Bürokratie muss man sagen: Gerade in der Wirtschaftsförderung hat es sehr große Fortschritte gegeben - insbesondere durch die Bundesstaaten. Ich habe bislang mit Behörden in neun Staaten zusammengearbeitet und sehr gute Erfahrungen gemacht. Die sind kundenorientiert, schnell und effizient. Zum Beispiel: In einem unserer Projekte ging es darum, ein kompliziertes Luft- und Abwasser-Genehmigungsverfahren zu erhalten. Das hätte in Deutschland normalerweise zwei bis drei Jahre gedauert. Hier hat der Bundesstaat im Rahmen eines Fast Track, also eines Beschleunigungsverfahrens, Mitarbeiter aus allen Behörden zusammengezogen. Die haben Tag und Nacht gearbeitet und die Prüfung des Verfahrens samt Genehmigung in nicht einmal acht Monaten abgeschlossen. Das ist schon beeindruckend.

Stichwort "Markteintritt USA" - was sollte ein mittelständisches Unternehmen beachten?

König: Es überrascht immer wieder, dass viele Mittelständler oftmals nicht einmal ihre erste Werksgründung in den USA in den amerikanischen Medien bekanntgeben, sondern es den Bundesstaaten überlassen. Wenn ich aber 40 Millionen Dollar investiere und 200 Arbeitsplätze schaffe, dann sollte ich mir auch Gedanken darüber machen, wie ich diesen Anlass nutze und meine Investition, Produkte und technischen Kompetenzen in der Fach- und Regionalpresse überzeugend darstelle. In den USA gilt die Devise: Tue Gutes und Rede darüber.