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Können deutsche Bausparkassen einen Ansturm polnischer Kunden im kommenden Herbst erwarten?

29. Januar 2002

– Vorbereitungen laufen, auch wenn "Bausparen bei den Polen nicht besonders beliebt" ist

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Warschau, den 26.01.2002, GAZETA WYBORCZA, poln.

Da die polnische Regierung das Bausparen in unserem Land abgeschafft hat, werden wir jetzt von den Deutschen Angebote bekommen. Die Bausparkassen in Deutschland werden wahrscheinlich schon im kommenden Herbst neue Kunden aus Polen aufnehmen.

Ab Oktober d.J. werden die Einschränkungen bezüglich des Kapitalflusses zwischen Polen und der EU fallen und (...) die Polen bekommen die Möglichkeit, Konten im Ausland zu eröffnen, sowie Kredite aufzunehmen und an den Börsen zu investieren.

"Unsere Bausparkassen sind an polnischen Kunden sehr interessiert. Wir bedauern nur, dass wir unsere Tätigkeit vor Ort, d.h. in Polen nicht aufnehmen konnten", sagt Andreas Zehnder, der Vorsitzende des Verbandes der privaten Bausparkassen.

(...) Um die Gründung von Bausparkassen in Polen haben sich nämlich über einige Jahre hinweg vier deutsche Bausparkassen bemüht. Ihre Bemühungen blieben jedoch erfolglos (...)

Tadeusz Grotowski, der Vertreter der deutschen Bausparkassen in Polen, betont jedoch, dass die Polen, die das Angebot der deutschen Geldinstitute annehmen werden, keine Chance haben, die Jahresprämie zu bekommen, die den deutschen Kunden zustehe. (...) Seiner Meinung nach spricht für diese Form des Sparens bei den deutschen Bausparkassen die Tatsache, dass die dortigen Banken eine langjährige Erfahrung bezüglich des Bausparens haben und dass das Rechtssystem dort stabil ist. (...)

Können also die Deutschen auf einen Ansturm polnischer Kunden hoffen?

"Ich glaube nicht daran", sagt Direktor Bogucki von der Abteilung für Bausparen bei der Bank Pekao SA. Seiner Meinung nach sei das Bausparen bei den Polen nicht besonders beliebt, was durch das geringe Interesse an den in Polen angebotenen Bausparmöglichkeiten bestätigt werde. "Bisher haben sich lediglich 100 000 Personen bei polnischen Banken nach dem Bausparen erkundigt." Eine ähnliche Ansicht vertritt auch Ryszard Kowalski, ein Spezialist für Baufinanzierung: "In Deutschland oder in Österreich gibt es seit langem eine Tradition für das Bausparen. Bei uns hingegen gibt es keine solche Tradition und dazu haben viele Menschen negative Erfahrungen gemacht, wie z.B. mit den Sparbüchern für Wohnungen".

Die deutschen Bankiers lassen sich jedoch durch solche Ansichten nicht entmutigen. Als Beispiel nennen sie die Slowakei oder Tschechien, wo ähnliche Bankinstitute wie die Bausparkassen in einer kurzen Zeit Millionen von Kunden angeworben haben (...)

"Nach unseren Schätzungen gibt es in Polen einen enormen Wohnungsbedarf und es würden sich sicherlich auch viele Interessenten finden, die bereit sind, dafür zu sparen", sagt Andreas Zehnder. Seiner Meinung nach werden sich vor allem die Bewohner der Grenzgebiete für das Bausparren interessieren. (...) "Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass das Gerichtswesen in Polen einwandfrei funktioniert und imstande ist, die Rückzahlung der Schulden zu bewirken, wenn ein Kunde seinen Kredit nicht zurückzahlt. Da Polen durch den bevorstehenden Beitritt zur EU dazu verpflichtet ist, seine Justiz zu reformieren und an die europäischen Normen anzupassen, haben wir diesbezüglich keine größeren Bedenken", fügt Andreas Zehnder hinzu.

Tadeusz Grotowski warnt jedoch vor den Kursschwankungen, die mit der Rückzahlung eines Kredits in Euro verbunden sind. "Ich denke, dass das Risiko im Laufe der Zeit immer geringer wird, aber solange der Euro nicht die polnische Währung wird, muss man dieses Risiko in Betracht ziehen", sagt er. (Sta)