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Kündigungsschutz im Visier

30. September 2009

Vor den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und FDP wird auch innerhalb der CDU der Ruf nach einer Lockerung des Kündigungsschutzes lauter.

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Frau stempelt (Foto: AP)
Wie sicher ist der Kündigungsschutz?Bild: Bilderbox

Für die FDP ist es ein gutes Rezept gegen Arbeitslosigkeit: Arbeitgeber wagen Neueinstellungen, wenn sie wissen, dass sie sich von neuen Mitarbeitern schnell und billig wieder trennen können. Ergo: Der Kündigungsschutz in Deutschland soll gelockert werden. Die FDP will den Kündigungsschutz auf Betriebe mit mehr als 50 Beschäftigten begrenzen. "Wir wollen das Kündigungsschutzgesetz so verändern, dass Unternehmen den Personalbestand den sich wandelnden Marktbedingungen anpassen können", heißt es in einem Leitantrag der Partei.

Auch Fuchs will Lockerungen

Entlassene bekommt den letzten Handschlag (Foto: dpa)
So einfach können Arbeitnehmer in Deutschland nicht entlassen werdenBild: picture-alliance/ dpa

Nun hat auch der CDU-Mittelstandspolitiker Michael Fuchs aus Koblenz sich für eine Lockerung des Kündigungsschutzes ausgesprochen. "Wir sehen beim Kündigungsschutz Reformbedarf", sagte er der "Frankfurter Rundschau". Laut Fuchs muss man sich "genau anschauen, wo möglicherweise gut gemeinte Regelungen Neueinstellungen behindern".

Solchen Plänen erteilte der Arbeitnehmerflügel der Union sofort eine Absage. Der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Karl-Josef Laumann, sagte der "Berliner Zeitung", die FDP werde ihre Forderung nach Einschränkung des Kündigungsschutzes genauso wenig durchsetzen können wie Änderungen bei der betrieblichen Mitbestimmung. "Da kann die FDP sich auf den Kopf stellen." Für ihn gibt es keine Notwendigkeit für Änderungen beim Kündigungsschutz.

Merkel will keine Hardlinerin sein

Merkel blättert in einem Kochbuch (Foto: AP)
Angela Merkel hat keine Lust, als sozialpolitische Hardlinerin gebranndmarkt zu werdenBild: AP

Bundeskanzlerin Angela Merkel machte bereits vor der Wahl klar, dass sie nicht als wirtschaftspolitische Hardlinerin gelten wolle: "Es muss sich niemand fürchten vor irgendeinem 'Eissturm', sondern wir werden eine ausgewogene Politik von wirtschaftlicher Vernunft und sozialer Balance machen." Sie machte deutlich, dass sozialpolitische Regelungen der schwarz-roten Vorgängerregierung, etwa beim Kündigungsschutz oder beim Mindestlohn, in der geplanten CDU/FDP-Koalition nicht angetastet würden. Daran dürfte auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) interessiert sein, dessen Bundesland im Mai 2010 einen neuen Landtag wählt.

Pinkwart hat keine Lust auf Tabus

Der FDP-Vize und stellvertretende NRW-Ministerpräsident Andreas Pinkwart kritisierte dagegen unter anderem in der "Rheinischen Post", dass Merkel Themen wie den Kündigungsschutz schon vor den Koalitionsverhandlungen ausklammere. Die FDP bestehe darauf, dass alle Themen Gegenstand der Gespräche würden.

Gewerkschaften kündigen Widerstand an

gewerkschafter beim streiken (Foto: AP)
Die Gewerkschaften machen klar, dass sie eine Aushölung des Kündigungsschutzes nicht akzeptieren würdenBild: AP

Das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit sprach sich gegen eine Lockerung aus. Der Vizedirektor des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Ulrich Walwei, stellte im Gespräch mit der "Frankfurter Rundschau" fest: "Wenn wir jetzt den Kündigungsschutz lockerten, hätte das kurzfristig keine positiven Effekte auf den Arbeitsmarkt. Wir würden vielmehr Entlassungen erleichtern." Seiner Meinung nach braucht der Sozialstaat der Zukunft ein ausgewogenes Verhältnis von Flexibilität, sozialer Sicherheit und Qualifizierung. Interne Flexibilität hat dabei Vorfahrt. Mindestlohn, Kündigungsschutz und hohe Lohnersatzleistungen sorgen für ein Mindestmaß an Einkommens- und Beschäftigungsstabilität.

Die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) kündigte heftigen Widerstand an, falls der Kündigungsschutz auf den Prüfstand kommen sollte: "Die Gewerkschaften werden nicht zulassen, dass der Kündigungsschutz ausgehöhlt wird", sagte NGG-Chef Franz-Josef Möllenberg. Bundeskanzlerin Angela Merkel habe zugesagt, dass der Kündigungsschutz nicht zur Disposition steht. Möllenberg: "Wir werden Frau Merkel unterstützen, wenn sie sich an ihre Zusagen hält."

Autor: Marcus Bölz (mit dpa, AP)
Redaktion: Martin Schrader