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Kabul-Rom-Kabul

18. April 2002

Zahir Schah, der greise Ex-König von Afghanistan, kehrt am Donnerstag (18.4.) in seine Heimat zurück. Die Interimsregierung und die verfeindeten Volksgruppen erwarten schier Unmögliches von ihm.

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Mohammed Zahir Schah, ehemaliger König von AfghanistanBild: AP

1973 reiste König Mohammed Zahir Schah nach Italien zur Kur. Sie sollte 28 Jahre dauern: In seiner Abwesenheit putschte sein Cousin Mohammed Daud und setzte den König ab. Nun kehrt der 87-jährige Monarch zurück - als Privatperson: Er eröffnet die Loya Jirga, die große Ratsversammlung. Das Gremium von Stammesführern, Ältesten und religiösen Würdenträgern soll dem geschundenen Land nach 20 Jahren den Weg in eine friedlichere Zukunft weisen.

Die Hauptaufgabe des Ex-Königs wird sein, die verfeindeten Volksgruppen Afghanistans ins Gespräch zu bringen und ausländische Investoren anzulocken. Dazu wird er viele Hände zu schütteln haben, die blutbesudelten der alten Warlords und die hoffentlich dollarbewehrten der Besucher aus dem Ausland. Der alte Mann hat weitere Pläne: Er will sich unter anderem persönlich um die Restauration der zerstörten Buddha-Statuen von Bamian kümmern.

Integrationsfigur in ständiger Gefahr

Die Wege des Königs sind jedoch eingeschränkt. Einige Gruppen stehen der Rückkehr des Königs mit großem Misstrauen entgegen, nicht wenige trachten ihm nach dem Leben. 1991 verschaffte sich in Rom ein moslemischer Fundamentalist Zugang zum König und stach mit dem Messer auf ihn ein. Seither gibt Zahir Schah fast nur noch telefonische Erklärungen ab. Die Übergangsregierung macht sich denn auch Sorgen um die Sicherheit des Monarchen. Die internationale Schutztruppe Isaf trainiert die neue Palastgarde, die Amerikaner stellen ein Ärzteteam bereit.

Seine Heimatstadt wird Zahir Schah kaum noch wiedererkennen. Kabul hat sich in den 28 Jahren seiner Abwesenheit in eine Trümmerwüste verwandelt. Vom Dar-ul-Aman-Palast, seiner füheren Residenz, stehen nur noch die Grundmauern. Der Ex-König zieht deshalb in eine Villa, in der bis vor einigen Monaten Mullah Rabbani, der zweite Mann des Taliban-Regimes, residierte.

Bauhaus-Villa statt Königspalast

Die Villa im Bauhaus-Stil ist für afghanische Verhältnisse luxuriös: Dach und Fenster sind repariert, die Heizung funktioniert und es gibt sanitäre Anlagen. Dutzende Handwerker besserten die Bombenschäden aus und richteten die Räume für repräsentative Zwecke ein. Von ihrem König erwarten sie große Taten. "Wir glauben, dass wenn Sahir Schah kommt, es alle Probleme lösen wird", sagt der Fliesenleger Dschalahlluddin mit kindlicher Zuversicht.

Seit seiner Entmachtung hatte es immer wieder Gerüchte um die Rückkehr des Königs gegeben: So boten ihm die Sowjets Anfang der 80er Jahre ein Arrangement an; auch das Nadschibullah-Regime zeigte großes Interesse an seiner Rückkehr.

Ein aufgeklärter Monarch

Zahir Schah bestieg den Thron schon im Alter von neunzehn Jahren. Sein Vater Nadir Schah, ehemaliger afghanischer Gesandter in Paris, fiel 1933 einem Attentat zum Opfer. Zahir Schah galt als aufgeklärter Monarch. Er lies freie Wahlen abhalten, förderte die Pressefreiheit und ermutigte die afghanischen Frauen, den Schleier abzulegen. Das Experiment, den Feudalstaat in eine konstitutionelle Monarchie umzuwandeln, scheiterte: Der eigene Vetter und Schwager putschte gegen ihn. (jf)