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Waffen für die Dörfer

Ahmad Wali Achakzai19. Februar 2009

Im Kampf gegen die Taliban will die afghanische Regierung junge Bewohner aus Dörfern in Unruhegebieten bewaffnen. Diese neuen Sicherheitskräfte sollen vom Innenministerium Gehälter und Waffen bekommen.

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Ihre Rückehr macht die Regierung nervös: Taliban im Jahr 2001Bild: picture-alliance/dpa

Die neue Idee der afghanischen Regierung ist gewagt: Junge Männer in den Unruhegebieten sollen Waffen und ein Gehalt bekommen, damit sie ihre Dörfer gegen Taliban verteidigen können. Das hat die Regierung Mitte Februar in Kabul angekündigt. Von Milizen möchte Zmarai Bashari, Sprecher der afghanischen Regierung, aber nicht reden. "Wir nennen sie die Schutzkräfte der Bevölkerung", erklärt er. "Es geht nicht darum, Einwohner illegal zu bewaffnen".

Skepsis in der Bevölkerung

Afghanistan die afghanische nationale Armee in Kabul Abschlußfeier
Die nationale Armee wird der Lage nicht HerrBild: AP

Viele Afghanen stehen den Plänen misstrauisch gegenüber. In den vergangenen Jahren stand für die Politik gegenüber den Kämpfern vor allem das Kürzel DDR. Es steht für Disarmament, Demobilization und Reintegration – Entwaffnung, Demobilisierung und Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Ehemalige Kämpfer sollten ihre Waffen abgeben und zurück in ein ziviles Leben finden. Momamad Yar lebt in der Provinz Kandahar. Er glaubt, dass die Wiederbewaffnung der Bevölkerung die spärlichen Erfolge der vergangenen Jahre vernichten könnte. "Ich glaube nicht, dass diese neuen Kräfte zur Sicherung des Friedens beitragen werden. Ich glaube eher, sie werden den Konflikt noch mehr verschärfen."

Im Irak haben die US-Truppen gute Erfahrung damit gemacht, Einheimische gegen die Aufständischen zu bewaffnen. Für Afghanistan sei das Modell deshalb aber noch lange nicht geeignet, glaubt der Politologe Abdul Qayum Momand. "Der Widerstand in Afghanistan ist auch ganz anders als der Widerstand im Irak", erklärt er.

Denn auch im Nachbarland Pakistan habe man Erfahrung mit der Bewaffnung der Bevölkerung gemacht. In den Stammesgebieten der Paschtunen hätten die Dschirgas, die Stammesräte, in den vergangenen Jahren immer wieder junge Männer aus den Dörfern bewaffnet, und so genannte Laschkars – das paschtunische Wort für Kämpfertruppe – gebildet, erklärt Qayum Momand: "Die Laschkars haben einen befristeten Auftrag und sobald dieser Auftrag erfüllt ist, löst sich der Laschkar auf".

"Die Angst ist enorm"

Pakistanische Stammesangehörige gegen Taliban
Pakistanische DorfmilizenBild: AP

Zunächst war die Strategie in Pakistan erfolgreich. In vielen Gebieten schafften es die lokalen Truppen, die Taliban zu vertreiben. Doch der Erfolg war nicht von Dauer, denn die Taliban begannen mit einer Offensive gegen die Stammesversammlungen, die die Waffen ausgegeben hatten. Weder die Regierung noch die Laschkars waren auf die Gegenoffensiven vorbereitet. Die Laschkar-Strategie der pakistanischen Regierung erwies sich als kontraproduktiv, sagt der Fernsehjournalist Irfan Ashraf. "Die Angst vor Militanten ist so enorm, dass es für die lokale Bevölkerung sehr schwierig ist, gegen die Militanten Widerstand zu leisten." 300 Menschen seien bei Anschlägen auf die Dschirgas bereits ums Leben gekommen.

Die afghanische Regierung will deshalb keinen Zusammenhang mit der pakistanischen Strategie aufkommen lassen. Wörter wie "Lashkar" oder die afghanische Entsprechung "Arbaki" vermeidet sie. Wie genau sie sich die Dorftrupps in Südafghanistan vorstellt, ist nicht klar. Stattdessen zeigt sich einmal mehr, wie wenig Kontrolle sie noch über die Sicherheit im Süden des Landes hat.