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Kaczynski will "mutige Entscheidungen"

20. Juli 2006

Die neue polnische Regierung von Jaroslaw Kaczynski ist vom Parlament in Warschau bestätigt worden. Zuvor hatte sich Kaczynski für die Bewahrung der "polnischen Kultur und Moral" innerhalb der EU stark gemacht.

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Antrittsrede des polnischen Premiers Jaroslaw Kaczynski im ParlamentBild: AP

Polens neuer Ministerpräsident Jaroslaw Kaczynski hat am Mittwochabend (19.7.06) die Zustimmung des Parlaments für sein Regierungsprogramm erhalten. Bei der Vetrauensabstimmung erhielt der konservative Politiker nach mehrstündiger Debatte und mehr als 200 Parlamentarierfragen die Stimmen von 240 Parlamentariern, die ihm das Vertrauen aussprachen, 205 Abgeordnete stimmten gegen sein Programm.

Der formalen Aufnahme der Regierungsarbeit an der Spitze einer Koalition von Nationalkonservativen, der radikalen Bauernpartei Samoobrona und der nationalistischen Liga Polnischer Familien steht damit nichts mehr im Weg.

Kein Wort zu Deutschland

"Ich bin glücklich. Jetzt werden wir mit der Arbeit anfangen können. Es gibt vieles, was in Polen erledigt werden muss", sagte Kaczynski nach dem Votum. Zuvor hatte Kaczynski am Mittag im Parlament sein Regierungsprogramm vorgestellt und dabei vor allem auf Kontinuität gesetzt.

Wie sein zurückgetretener Vorgänger Kazimierz Marcinkiewicz wolle er die öffentlichen Finanzen sanieren, Korruption und Bürokratie bekämpfen und die Situation von Familien und der Landbevölkerung verbessern, sagte der Vorsitzende der nationalkonservativen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS). In seinen Ausführungen zur Außen- und Europapolitik ging er mit keinem Wort auf die Beziehungen zu Deutschland ein.

"Wir sind keine Deserteure"

Stattdessen werde seine Außenpolitik durch die Mitgliedschaft Polens in der NATO und das Bündnis mit den USA geprägt sein, sagte Kaczynski. Dies gelte gerade angesichts der nicht einfachen gemeinsamen Arbeit "im Rahmen der Koalition" im Irak, deren Abschluss gemeinsam verhandelt werden müsse. Warschau werde seinen militärischen Einsatz im Irak vermutlich über das Jahresende hinaus ausdehnen, deutete der Ministerpräsident weiter an. Die Stationierung der rund 900 polnischen Soldaten im Irak ist vorerst bis Dezember befristet. "Polen ist keine Nation von Deserteuren", betonte Kaczynski.

Weiterhin werde seine Regierung eine "Regierung mutiger Entscheidungen" sein, sagte der Premie und kündigte den Einstieg Polens in die Nutzung von Atomenergie an. Derzeit erzeugt Polen mehr als 90 Prozent seines Stroms in Kohlekraftwerken. Kaczynski hatte schon im Vorfeld für eine größere Unabhängigkeit von russischen Erdgas- und Öllieferungen plädiert.

Polnischer Nationalstolz gefordert

In der EU wolle Polen an der Überwindung der Krise mitarbeiten, halte aber an "eigenen Entscheidungen in Angelegenheiten fest, die mit unserer spezifischen politischen und geopolitischen Situation verbunden sind", sagte der konservative Regierungschef. So sei Polen für die Aufnahme der Ukraine in die EU.

Besonders würdigte Kaczynski die Familie als Fundament der Gesellschaft. Die polnische Regierung werde alles tun, um die Rolle der Familie als "Verbindung von Mann und Frau" zu schützen. Auch der Kirche räumte er eine tragende Rolle im Leben der polnischen Nation ein. "Ungewöhnlich wichtig" sei eine an der Geschichte ausgerichtete Politik und der Aufbau des polnischen Nationalstolzes.

Opposition kritisiert Isolierung

In der Debatte über die Regierungserklärung warf der liberale Oppositionsführer Donald Tusk Kaczynski vor, die Außenpolitik der Regierung drohe zur Isolation Polens in der Welt zu führen. Polen könne nur gemeinsam mit anderen Staaten und nicht im Alleingang Einfluss auf die Politik der EU nehmen, betonte er. Notwendig sei eine Debatte über die Beziehungen zu den Nachbarstaaten, vor allem zu Deutschland und Russland. (kas/je)