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Kalt erwischt

Gerda Meuer, Brüssel31. Januar 2003

Der Aufruf acht europäischer Staats- und Regierungschefs zur Unterstützung der amerikanischen Irak-Politik traf das politische Brüssel völlig unvorbereitet, berichtet Gerda Meuer.

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Gilt als Initiator des Aufrufs:<br> Spaniens Regierungschef AznarBild: AP

Brüssel ist ratlos: Der Überraschungscoup der fünf alten und drei neuen EU-Staaten scheint voll gelungen. Die Sprecherin von EU-Außenkommissar Chris Patten meinte bedauernd, die Welt sei eben nicht perfekt. Und der Chefdiplomat der Europäischen Union, Javier Solana, hat sich bislang noch gar nicht zu dem Irak-Aufruf geäußert. Offensichtlich mangelt es an Koordination.

Griechenland außen vor

Darauf lässt auch die erste Reaktion Griechenlands schließen. Das Land hat zur Zeit die EU-Ratspräsidentschaft inne und sollte deshalb über die Aktivitäten der 15 informiert sein. Doch ein Regierungssprecher erklärte in Athen, der Irak-Aufruf der acht Staaten bewege sich außerhalb des Rahmens der Europäischen Union und sei eine eigenständige Initiative. Und im Übrigen: die EU bestehe auf den Beschlüssen der EU-Außenminister, die am Beginn dieser Woche getroffen wurden.

Nur wird dieses Beharren jetzt nicht mehr viel helfen. Es geht ein Riss durch die Europäische Union, von einer gemeinsamen EU-Außenpolitik in der Irak-Frage kann nun mit Sicherheit niemand mehr reden. Denn es scheint nur eine Frage der Zeit, bis sich weitere EU-Staaten neu orientieren und positionieren.

Niederländische Position

Etwa die Niederlande, wo man nicht weiß, ob Regierungschefs Balkenende nur deshalb so demonstrativ schweigt, weil er an seiner neuen Regierung arbeitet. Ansonsten gilt auch die Niederlande als fester Kandidat für die Liste Aznar, Blair und Co. Die anderen EU-Staaten lavieren zur Zeit irgendwo zwischen den Positionen von Deutschland und Großbritannien.

Mit Ausnahme von Frankreich. Und selbst bei Frankreich ist niemand sicher, wie Präsident Chirac im UN-Sicherheitsrat reagieren wird, sollte es dort zum Schwur kommen über die Frage Krieg: ja oder nein. Zwar demonstrierte Chirac in den letzten Wochen den Schulterschluss mit Deutschland.

Französischer Spielraum

Doch ein vergleichbar kategorisches Nein wie aus Berlin zu einem Waffengang im Nahen Osten war aus Paris niemals zu hören. Und Diplomaten verweisen darauf, dass sich Frankreich in den vergangenen 47 Jahren im UN-Sicherheitsrat noch niemals mit einem Veto gegen die USA gestellt habe. Dann steckte nur noch Deutschland in der Isolations-Falle. Eines ist jedoch klar: Die Chance, den Einfluss und das Gewicht Europas geltend zu machen ist seit dem Alleingang der acht Staaten vertan.

Das in Brüssel tagende Europaparlament hat die USA aufgefordert, auf eigenständige Schritte im Irak-Konflikt zu verzichten. Stattdessen müssten die Vereinten Nationen alles daran setzen, eine friedliche Lösung zu finden, hieß es in einer am Donnerstag (30.1.2003) verabschiedeten Resolution. Die von den UN-Waffeninspektoren bemängelte unzureichende Zusammenarbeit der irakischen Regierung bei den Untersuchungen "rechtfertigen eine militärische Aktion nicht". "Ein Präventivschlag gegen den Irak wäre nicht in Einklang mit dem Völkerrecht und der UN-Charta und würde zu einer tieferen Krise führen, in die auch andere Länder der Region hereingezogen würden", hieß es weiter. Den irakischen Staatschef Saddam Hussein forderten die Abgeordneten auf, bedingungslos mit den UN-Waffeninspekteuren zusammenzuarbeiten.