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Kampf dem Kampf

9. April 2004

Die Stierkampfsaison hat gerade begonnen - aber womöglich naht das Ende der "Corrida". Denn als erste spanische Großstadt hat Barcelona eine Resolution gegen den Stierkampf verabschiedet. Kein Verbot, aber ein Signal.

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Barcelona will die Stiere schützenBild: AP

Noch im Januar 2004 kam der Stierkampf zu akademischen Ehren, als die Universität Córdoba einen Studiengang der "Taurologie" startete. Doch nicht alle teilen die Faszination. Mit 21 gegen 15 Stimmen und zwei Enthaltungen verabschiedete der Stadtrat von Barcelona nach einer hitzigen Debatte eine Resolution, wonach Stiere schützenswerte Säugetiere und "körperlich wie geistig sensible Wesen" sind. Die zweitgrößte Metropole Spaniens nach Madrid erklärte sich damit zur "Anti-Stierkampf-Stadt". Während die Anhänger der jahrhundertealten Tradition auf die Barrikaden gingen, brach unter Tierschützern Jubel aus: "Das ist der Anfang vom Ende dieses blutigen Spektakels", glauben sie.

Heiße Diskussion

Ein Verbot der "Corridas" bedeutet der Entschluss zwar nicht, dafür wären eine Gesetzesvorlage der katalanischen Regierung und ein Votum des Regionalparlaments nötig. Aber die Resolution hat einen starken Symbolcharakter - und eine Signalwirkung, denn in Katalonien regiert die gleiche von Sozialisten geführte Parteienkonstellation wie in der Hauptstadt Barcelona. Die Vertreter des "Nein" kündigten bereits eine Initiative an, um der "Fiesta Nacional" (dem Nationalfest) in der 6,2 Millionen Einwohner zählenden Region den Garaus zu machen - andere werden dann folgen, hoffen sie. Barcelonas sozialistischer Bürgermeister Joan Clos zeigte sich jedenfalls überzeugt: "Langfristig wird der Stierkampf verschwinden."

Bei der Debatte kochten die Emotionen hoch. "Der Stierkampf ist ein Fest unserer Kultur, das von imperialistischen und aggressiven Kulturen wie der deutschen und der angelsächsischen verunglimpft wird", entfuhr es dem Stadtrat Javier Basso, glühender Anhänger des Spektakels und Mitglied der konservativen Volkspartei (PP) des scheidenden Ministerpräsidenten José María Aznar. Der Stierkampf sei "ein nobler Tanz zwischen Stier und Mensch". Die Presse fühlte sich angesichts der verbalen Entgleisung an die Zeiten der Franco-Diktatur (1939-1975) erinnert. Die PP sprach sich jedenfalls geschlossen gegen ein Verbot aus, die Sozialisten waren gespalten. Das Thema war derart brisant, dass die Abstimmung geheim war.

"Der Stier teilt Gefühle mit dem Menschen"

Geschlossen für das Aus votierten Nationalisten, Grüne und Linksrepublikaner. Zu letzteren gehört der stellvertretende Bürgermeister Jordi Portabella, von Beruf Biologe. Er widersprach vehement dem Bild des "toro bravo" (wilden Stieres) und zeichnete für den letztlich verabschiedeten Text verantwortlich. "Der Stier (Bos primigenius taurus) ist ein friedliches Säugetier und ein Wiederkäuer, dessen Nervensystem dem des Menschen ähnelt und mit dem er folglich viele Gefühle teilt", heißt es darin.

Auf die Stierkampf-Impresarios wirkte die Resolution wie ein rotes Tuch. "Einer lebendigen Tradition kann man doch nicht mit einer simplen Abstimmung den Todesstoß verpassen", empörte sich deren Verbandspräsident, Juan Segura Palomares. Er erinnerte daran, dass an einem guten Abend 17.000 zahlende Zuschauer in die Arena von Barcelona, genannt "La Monumental" (Die Monumentale), strömen.

Kampagne gegen Grausamkeit

Martin Riebe, Geschäftsführer der Welttierschutzgesellschaft WSPA, sieht dagegen das Ende der "Corrida" kommen: "Wir sind sehr erfreut über das tierfreundliche Abstimmungsergebnis, das die Meinung der eigenen Bürger ernst nimmt und sich mutig gegen eine überkommene und grausame Tradition ausspricht", sagte er. Tierschützer hatten eine Kampagne mit dem Titel "Kultur ohne Grausamkeit" gestartet und vor der Abstimmung im Rathaus von Barcelona fast 250.000 Unterschriften aus 30 Ländern für ein Verbot der Stierkämpfe eingereicht. (reh)