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Kampf gegen die serbische Mafia

Klaus Dahmann29. September 2003

Nach der Ermordung Zoran Djindjics hat die Regierung in Belgrad der organisierten Kriminalität den Kampf angesagt. Einige der Drahtzieher des Attentats sind jedoch noch immer nicht gefasst.

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Opfer einer vielköpfigen Hydra: Zoran DjindjicBild: AP

Sechs Wochen dauerte der Ausnahmezustand nach dem Attentat auf den serbischen Ministerpräsidenten Zoran Djindjic im Februar 2003. Nach offiziellen Angaben wurden in dieser Zeit rund 5000 Personen festgenommen, gegen 3200 soll Anklage erhoben werden.

Mafiöse Spezial-Einheiten

Bis vor einem halben Jahr hat in einem der weiß getünchten Häuser des Belgrader Stadtteils Banovo Brdo Milorad Lukovic - alias "Legija" - gewohnt. Jetzt ist er auf der Flucht und wird von der Polizei als mutmaßlicher Drahtzieher des Mordes an Ministerpräsident Zoran Djindjic gesucht. Lukovic war Kopf der "Roten Barette", einer ehemaligen Spezialeinheit, die sich zur reinen Mafia-Organisation entwickelte: Menschenhandel, Drogengeschäfte und zahlreiche Morde gehen auf das Konto dieses so genannten "Zemun-Klans".

Nach dem Djindjic-Attentat Mitte März holte die serbische Regierung zum Schlag gegen den "Zemun-Klan" und andere kriminelle Gruppen aus. 44 Mitglieder der Bande hat die Polizei inzwischen gefasst, zwei wurden getötet, als sie sich der Festnahme widersetzten. Doch nach einigen führenden Köpfen wie Milorad Lukovic wird immer noch gefahndet. "Sie befinden sich nicht in Serbien, sondern haben sich ins Ausland abgesetzt", so Innenminister Dusan Mihajlovic. Zusammen mit Interpol gehe die Suche aber weiter.

Auch in den eigenen Reihen aufgeräumt

In Erklärungen behauptet der Innenminister seit Wochen, das organisierte Verbrechen sei zerschlagen. "In Serbien gibt es im Moment keine organisierten kriminellen Gruppen, welche die Bürger so in Angst und Schrecken versetzen und terrorisieren, wie sie es vor dieser Polizeiaktion getan haben", schränkt er jedoch im Gespräch mit der Deutschen Welle ein. Dass die schwere Kriminalität deutlich zurückgegangen sei, lasse sich statistisch beweisen. Allerdings planten die Flüchtigen bereits einen Anschlag gegen den serbischen Staat, so Mihajlovic. In abgehörten Gesprächen hätten "Legija" und seine Leute gesagt, dass nun die "zweite Halbzeit des Spiels" beginne, in der sie zurückschlagen würden. Vor allem die Polizei, aber auch die Regierung in Belgrad seien das Ziel.

Zoran Djindjic Anschlag Polizei in Belgrad
Polizei in BelgradBild: AP

Die serbische Regierung hat in den eigenen Reihen aufgeräumt. Nicht nur in Polizeikreisen, sondern auch im Innenministerium selbst habe es aktive Mitglieder des "Zemun-Klans" gegeben, sagt Mihajlovic. Die hätten "Legija" und andere Anführer vor der geplanten Festnahme gewarnt und ihnen so die Flucht ermöglicht. Diese Informanten seien mittlerweile aus dem Staatsdienst entfernt worden, so der Minister. Die polizeilichen Ermittlungen seien auch deshalb ein großer Erfolg, weil sie von großen Teilen der Bevölkerung voll unterstützt würden. Beschwerden gebe es kaum.

Ist die Mafia wirklich besiegt?

Das sieht die Menschenrechtlerin Natasa Kandic anders: Ihre Nicht-Regierungs-Organsation hat Klagen von Dutzenden Inhaftierten entgegen genommen, die von unmenschlichen Haftbedingungen und Verhörmethoden der Polizei berichteten. "Die Gefangenen mussten auf Beton schlafen, sie waren inhaftiert, ohne zu erfahren warum, sie wurden erst nach zwei Wochen verhört und es wurden Foltermethoden angewendet", zählt Natasa Kandic auf.

Trotz aller Kritik wegen Verstößen gegen die Menschenrechte zeigen Umfragen: Der Schlag gegen die Mafia hat das Vertrauen der Menschen in die staatlichen Institutionen wachsen lassen. Ob die Polizei die organisierte Kriminalität jedoch ganz ausrotten kann, da sind viele skeptisch.