1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Dürre in Uganda

17. November 2009

Uganda bekommt den Klimawandel schon deutlich zu spüren: Seit vier Jahren herrscht im Nordosten des Landes extreme Dürre. Die Menschen hungern und das Vieh findet kein Gras mehr. Die Nomadenstämme bekriegen sich um Kühe.

https://p.dw.com/p/KYwy
Unterernährtes Kind (Foto: Sime Schlindwein)
Unterernährung als Folge der DürreBild: Simone Schlindwein

Im Schatten eines Baumes hocken die Stammesältesten und diskutieren. Die Männer tragen bunte Tücher um die Schultern. Die Haut um die Augen ist tätowiert. Sie gehören zu den Nomadenstämmen Karamojas, einer Region im Nordosten Ugandas, nahe der Grenze zu Kenia und dem Sudan. Die Karamojong sind berühmt für ihre Viehherden. Sie wandern mit tausenden Rindern und Ziegen durch die Hochebene.

Timothy Aisu (Foto: Simone Schlindwein)
Timothy AisuBild: Simone Schlindwein

Die Stimmung ist aufgebracht. Die Männer führen Krieg gegen den benachbarten Klan. Erst vor wenigen Tagen wurden sie in der Abenddämmerung überfallen: 600 Rinder wurden gestohlen, vier Männer getötet. Jetzt planen die Stammesältesten, die Rinder zurück zu klauen.

Milch und Blut

Der Streit um das Vieh prägt traditionell das Verhältnis zwischen den Stämmen. Doch jetzt entscheidet dieser Kampf über Leben und Tod, erklärt der Stammesführer, Timothy Aisu: "Wir kämpfen um die Rinder, um zu überleben. Sie sind unsere einzige Nahrung. Wir trinken die Milch und das Blut, wir essen das Fleisch. Wenn ich Geld für meine Frauen und Kinder brauche, verkaufe ich das Vieh. Wir haben uns Waffen besorgt und wenn wir einem anderen Stamm begegnen, dann kämpfen wir und töten sie."

Auf den ersten Blick scheint dieser Konflikt ein Nachbarschaftsstreit. Doch die Ursachen liegen im Klimawandel. Früher gab es in Karamoja nur alle zwanzig Jahre Dürreperioden. Doch der Abstand zwischen den Dürre-Zeiten verkürzt sich – nun herrscht seit vier Jahren Trockenheit. "Während meiner Schulzeit in den fünfziger Jahren regnete es fast jede Woche. Die Wiesen waren grün. Wir hatten viel zu Essen – kräftige Kühe, viel Milch. Doch heute bin ich dürr, unser Vieh auch. Unser Land ist nun fast eine Wüste", erzählt der 60-jährige Timothy Aisu.

Die Dürre zerstört auch die Kultur

Kind holt Wasser (Foto: Simone Schlindwein)
Oft müssen die Kinder kilometerweit laufen, um Wasser zu holenBild: Simone Schlindwein

Der alte Mann guckt sich um. Kaum ein Grashalm ist mehr zu sehen. Die Karamojong bauen eigentlich Sorghum an, eine Hirse-Art. Doch Sorghum wächst nur in Regenzeiten. Ohne Sorghum feiern die Karamojong keine Feste, erklärt Simon Obiang. Der 21-Jährige wartet schon seit drei Jahren auf seine Hochzeit. "Zu Hochzeiten brauen die Frauen unser lokales Bier aus Sorghum. Wir Männer schlachten einen Stier, mit dessen Blut wir uns einreiben. Die Ältesten führen dann ein Ritual durch, um uns Jungen zu Männern machen. Aber während der Trockenzeit können wir diese Zeremonien nicht abhalten, weil wir kein Sorghum haben. Wir hatten schon seit Jahren keine Hochzeit mehr in unserem Klan."

In dem Klan gibt es immer mehr uneheliche Kinder. Sie werden verstoßen und enden in der Hauptstadt Kampala. Sie hocken auf den Bürgersteigen und betteln. Jetzt handelt die Regierung, wenn auch mit nicht ganz umumstrittenen Mitteln: Präsident Yoweri Museveni ernannte seine eigene Frau zur Ministerin für Karamoja. Sie reist regelmäßig in die Region – begleitet von Lastwagen der Welthungerhilfe. Das Militär hat Soldaten an der Grenze zu Kenia und Sudan postiert, um die Karamojong davon abzuhalten, das Vieh von den kenianischen oder sudanesischen Nachbarstämmen zu stehlen. Das Verhältnis zwischen den Nachbarländern ist gestört.

Entschädigungsforderungen an die Industrieländer

Luftaufnahme der Region (Foto: Simone Schlindwein)
Komplett ausgetrocknete RegionBild: Simone Schlindwein

Doch die Ursachen der Konflikte, die Klimaveränderungen, sind damit nicht behoben. Uganda ist auf Unterstützung angewiesen, erklärt der Chef des ugandischen Klimawandel-Referats, Lawrence Aribo: "Wir benötigen in Karamoja Dämme und Auffangbecken für das Regenwasser. Wir fordern die Industrieländer auf, Verantwortung zu übernehmen und uns hier in Afrika zu helfen." Immerhin hätten die Industrienationen den Hauptteil der Treibhausgase erzeugt, die nun in Afrika zum Klimawandel beitrügen", sagt Aribo.

Der Umweltökonom trifft sich regelmäßig mit Politikern, die im Dezember zu den Klimaverhandlungen nach Kopenhagen reisen. Ziel der Klimakonferenzen ist, ein Nachfolgedokument für das 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll zu entwickeln. Der ugandische Präsident Museveni will die Delegation selbst anführen, um die Welt auf die Probleme in Uganda aufmerksam zu machen. Denn die Folgen der Klimaveränderungen zerstören nicht nur die Lebensgrundlage der Menschen, sondern auch ihre Traditionen.

Autorin: Simone Schlindwein

Redaktion: Christine Harjes