1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Kanada bekommt Besuch vom starken Nachbarn

Daniel Scheschkewitz, Washington30. November 2004

Fast vier Jahre hat es gedauert, bis US-Präsident George W. Bush zu seinem ersten Besuch im Nachbarland Kanada antrat. Dabei ist Kanada der wichtigste Handelspartner der USA. Am Dienstag (30.11.) kam Bush schließlich.

https://p.dw.com/p/5vn2
Protest: Umgedrehte US-Flagge in OttawaBild: AP

Wie eng die USA mit ihrem nördlichen Nachbarn vor allem ökonomisch verbunden sind, sieht man schon daran, dass beide Länder die gleiche internationale Telefon-Vorwahl haben. Neben der engen wirtschaftlichen Verflechtung verbindet beide nordamerikanischen Staaten am 49. Breitengrad eine der längsten Landesgrenzen dieser Welt, mit allen im Zeitalter der terroristischen Bedrohung dazugehörigen Problemen.

Die Supermacht nebenan

Die Beziehungen beider Länder gelten als schwierig. Kanada ist im internationalen Maßstab ein großes Land, das zu den acht führenden Industrie-Nationen gehört. Doch der Nachbar USA ist eine Supermacht und das macht das Verhältnis der beiden Länder kompliziert. "Wir denken geradezu obsessiv über unser Verhältnis zu den Vereinigten Staaten nach. Anders lässt sich das wohl kaum kurz und bündig beschreiben", sagt Mark Kingwell, Kulturwissenschaftler an der Universität von Toronto.

In vielen Punkten uneinig

Dabei kam es gerade in der jüngsten Vergangenheit zu deutlichen Abgrenzungsbemühungen. Kanada lehnte den Irak-Krieg ebenso ab, wie Präsident Bushs unilaterale Außenpolitik. Gesellschaftspolitisch unterscheidet beide Länder die Einstellung zur gleichgeschlechtlichen Ehe genau so wie die zum Marihuana-Konsum. Umstritten sind die amerikanischen Pläne für ein gemeinsames nordamerikanisches Raketen-Schutz-System.

Gefürchteter Bush

George Bush auf APEC Konferenz in Chile
Bei den Kanadiern unbeliebt: George W. BushBild: AP

Doch mehr als alles andere stößt in Kanada vor allem Präsident Bush selbst auf die Ablehnung breiter Bevölkerungsschichten. Zwar habe es in der Vergangenheit immer mal wieder US-Präsidenten gegeben, die in Kanada nicht sehr beliebt gewesen seien, sagt der kanadische Historiker Robert Borthwell. "Aber selbst Nixon war nicht so gefürchtet und verhasst wie George W. Bush."

Proben für Europa

Bush Anhänger mit Auto in Kanada
"Wir lieben die USA": Bush-Anhänger in KanadaBild: AP

Präsident Bush selbst sieht seiner Kanada-Reise, die offiziell als Arbeitsbesuch deklariert wird, erwartungsvoll entgegen, auch wenn das Weiße Haus eine Einladung an den Präsidenten vor dem kanadischen Parlament in Ottawa zu sprechen, ablehnte. Für Bush ist die Reise nach Kanada mehr als nur ein Höfflichkeitsbesuch. Sie ist auch ein Testlauf für seinen Besuch im nächsten Jahr bei den vielleicht noch schwierigeren Europäern.

Proteste

Paul Martin wird Premierminister in Kanada
Kanadas Premierminister Paul MartinBild: AP

Für Kanadas Ministerpräsidenten, Paul Martin ist der Besuch vor allem ein politisches Risiko. Verläuft er zu harmonisch, könnte ihm das als Unterwürfigkeit gegenüber den USA ausgelegt werden. Kommt es zu Krawallen, wird man ihm vorwerfen, die kanadisch-amerikanischen Beziehungen belastet zu haben.

Protest-Gruppen aus dem Lager der Globalisierungs-Gegner, Aktivisten der Friedens- und der Homosexuellen-Bewegung haben für beide Stationen des Bush-Besuches in Ottawa und Halifax massive Proteste angekündigt.