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Kann denn Liebe chemisch sein?

Leona Frommelt30. Januar 2003

Schmetterlinge im Bauch – die Stimmung schwankt zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Das Geheimnis der Liebe besteht aus chemischen Substanzen: Dopamin, Adrenalin und Testosteron heißen die Botenstoffe.

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Knutschen erlaubt - Die Magie des Kusses ist gesundBild: AP

Hingehaucht, zärtlich, leidenschaftlich oder schlicht unvergesslich – so vielseitig kann ein Kuss sein. An Serotonin, Phenylethylamin oder gar Adenosintriphosphat denkt während des Herumknutschens wahrscheinlich niemand. Dabei haben die Botenstoffe der Liebe Lust und Leidenschaft fest im Griff. Nicht umsonst heißt es: "Die Chemie stimmt" oder auch "Liebe macht krank". Frisch Verliebte leiden nämlich unter Serotinmangel.

Plakat Der Kuss - Jahr der Chemie
Plakat zur Ausstellung "Der Kuss"

Die Wander-Ausstellung "Der Kuss" hilft Neugierigen - und besonders Liebespaaren - in Berlin auf die Sprünge. Als Auftakt zum bundesweiten "Jahr der Chemie" verführt die Schau, die anschließend nach Leipzig und Stuttgart zieht, zur Entdeckung der Geheimnisse des Körpers.

Ich glaub' mich knutscht ein Elch

Ethnologen vermuten, dass die Menschheit von Urzeiten an geknutscht hat. Schon in der Bibel hebt das "Hohelied" Salomons mit einer leidenschaftlichen Aufforderung zum Küssen an: "Komm doch und küss mich! Deine Liebe berauscht mich mehr noch als Wein." Und der römische Dichter Ovid beschreibt das korrekte Busserln ausführlich in seiner "Ars amatoria" (Liebeskunst). Doch die Chemie des Kusses als Hormonfeuerwerk im Körper begann die Wissenschaft erst vor rund 30 Jahren zu entschlüsseln.

"Wir wissen jetzt viel über Hormone und ihre Wirkung, doch alle Verschaltungen im Gehirn kennen wir immer noch nicht", gesteht Klaus Hartmann, der die Wander-Ausstellung für das Bundesforschungsministerium mit konzipiert hat.

"Eine richtige Antwort ist wie ein lieblicher Kuss"

Eins ist sicher: Für Lust und Leidenschaft ist nicht das viel zitierte Herz verantwortlich, vielmehr sind 100 Milliarden Nervenzellen und 1000 Botenstoffe mit im Spiel. Nach einem verführerischen Kuss-Signal bewirkt die Ausschüttung des Glückshormons Serotonin im Gehirn, dass ein Mensch gelöster und ausgeglichener wird. Das Verliebtheitshormon Phenylethylamin wirkt dazu wie Amors Pfeil: Es löst erotisches Interesse und Hochgefühl aus - Herzklopfen und Flugzeuge im Bauch. Die jetzt kräftig angekurbelte Produktion des Zell-Treibstoffs Adenosintriphosphat (ATP) sorgt für die nötige Energie, damit das Herz schneller schlagen und die Lippen sich spitzen können.

In der Berliner Ausstellung können die Gäste durch einen Multimedia-Tunnel in das körpereigene Labor abtauchen. Dort sehen und hören sie, welche Reaktionen ein Kuss blitzschnell herausfordern kann: Die Atemfrequenz steigt, der Puls rast, Gefäße weiten sich, die bessere Durchblutung bringt den Kreislauf in Schwung. Küssen ist für Wissenschaftler wie eine Energiespritze, die das Immunsystem stärkt und Stress abbaut. Ob das auch für den Handkuss oder den Gute-Nacht-Kuss zutrifft, ist fraglich.

Ein Küsschen in Ehren kann niemand verwehren

Junges Paar küsst sich
Junges Paar küsst sichBild: BilderBox

Die Deutschen verteilen laut Umfragen täglich rund zwei bis drei Bussis. Mit 70 Jahren haben sie hochgerechnet rund 76 Tage ausschließlich mit Küssen verbracht. Um tiefe Falten brauchen sich eifrige Küsser wenig Sorgen zu machen. Denn sie trainieren im Gegensatz zu Kuss-Muffeln alle 34 Gesichtsmuskeln auf einmal und straffen damit ihre Haut. Besonders glatte Haut müssen die Amerikaner Eddi Leven und Delphine Orha haben: Sie stellten mit 17 Tagen und 9 Stunden den Rekord im Dauerküssen auf.

US-Forscher setzen ohnehin ganz auf Lippenbekenntnisse. Sie fanden in Studien heraus, dass Menschen, die sich morgens mit einem Schmatz von ihren Liebsten verabschieden, beruflich erfolgreicher sind, weniger Unfälle bauen und seltener zum Arzt gehen. Ein leidenschaftlicher Kuss gibt aus wissenschaftlicher Sicht letztendlich den gleichen Kick wie 25 Gramm Schokolade - mit einem entscheidenden Vorteil: Er macht nicht dick. In der Ausstellung heißt es darum auch ausdrücklich überall: Knutschen erlaubt!

Die Ausstellung "Der Kuss. Magie und Chemie: Unser Körper, Gesundheit und Ernährung" ist vom 30. Januar bis 9. Februar 2003 in Berlin, Unter den Linden 74, zu sehen. Sie wandert danach auf das Leipziger Messegelände (22. bis 23. März) und ist dann in der Stuttgarter Innenstadt (27. bis 30. März) zu sehen.