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Wachsende Kritik an Merkel

14. Mai 2016

In der Auseinandersetzung um das Flüchtlingsabkommen mit der Türkei bekommt Bundeskanzlerin Merkel Gegenwind von den Koalitionspartnern. Das EU-Parlament setzt sich gegen Drohungen von Präsident Erdogan zur Wehr.

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Bundeskanzlerin Merkel mit dem türkischrn Präsidenten Erdogan (Foto: dpa)
Bild: picture alliance/dpa/K. Nietfeld

"Ich war schon immer skeptisch, ob die Vereinbarung funktioniert", sagte der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Horst Seehofer dem Magazins "Der Spiegel". Die jüngsten Entwicklungen hätten diese Skepsis nicht verringert. Seine Zweifel seien "schon sehr nahe am Superlativ", formulierte Seehofer.

Auch die Sozialdemokraten gingen auf Distanz zu Bundeskanzlerin Angela Merkel (im Artikelbild mit Erdogan). SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann warnte ebenfalls im "Spiegel" vor einem "allzu devoten Umgang" mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Der SPD-Außenpolitiker Niels Annen ergänzte: "Unsere Glaubwürdigkeit steht auf dem Spiel." Kompromisse gehörten dazu, "aber die Glaubwürdigkeit werden wir nicht opfern".

Zankapfel Visumfreiheit

Die Türkei nimmt auf Grundlage des von Merkel vorangetriebenen Abkommens mit der EU seit April Flüchtlinge von den griechischen Inseln zurück. Die ungesteuerte Migration durch die Ägäis in die Europäische Union ist dadurch fast zum Stillstand gekommen. Allerdings gibt es Streit um das Ende der Visumspflicht, das die EU der Türkei im Gegenzug versprochen hatte.

Rückführung von Flüchtlingen von Griechenland in die Türkei (Foto: AA)
Rückführung von Flüchtlingen von Griechenland in die TürkeiBild: picture alliance/abaca/AA

Erdogan hat eine der Bedingungen der EU für Visumfreiheit, die Änderung der Anti-Terror-Gesetze, jedoch kategorisch ausgeschlossen und angedeutet, sein Land könnte wieder mehr Flüchtlinge nach Europa schicken. Die EU will vor allem erreichen, dass die türkischen Anti-Terror-Gesetze nicht mehr dazu missbraucht werden, missliebige Journalisten oder politische Gegner zu verfolgen.

EU-Parlament entschlossen

EU-Parlamentspräsident Schulz bekräftigte, dass es bei der Forderung nach einer Reform der türkischen Anti-Terror-Gesetze keine Abstriche geben werde. "Das Europaparlament wird auf die Einhaltung dieser Verpflichtung bestehen", sagte der SPD-Politiker dem "Spiegel". Der Chef der konservativen EVP-Fraktion im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU), stellte im ebenfalls "Spiegel" mit Blick auf Erdogans Drohungen unter anderem den privilegierten Zugang der Türkei zum EU-Binnenmarkt infrage.

Der Abgeordnete der prokurdischen Partei HDP, im türkischen Parlament, Ziya Pir, forderte die EU im Deutschlandfunk zur Standhaftigkeit auf. "Wir dürfen Rechtsstaatlichkeit nicht opfern für Visafreiheit", sagte er. Erdogan verhalte sich derzeit wie jemand, der während eines laufenden Fußballspiels die Regeln ändern wolle.

Kanzlerin reist nach Istanbul

Merkel wird nach Angaben ihres Sprechers Steffen Seibert am 22. Mai nach Istanbul reisen. Beim ersten UN-Nothilfegipfel werde sie einen Tag später eine Rede halten. Am Rande der Konferenz, bei der es um den Umgang mit humanitären Krisen gehen soll, seien auch bilaterale Gespräche geplant. Ob Merkel Erdogan treffe, stehe noch nicht fest, so Seibert.

wl/hf (dpa, afp, epd, kna)