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Kanzlerreise nach Südosteuropa

Britta Kleymann30. Oktober 2003

Gerhard Schröder ist zu einem Kurzbesuch in Südosteuropa (29./30.10.) unterwegs. Es ist die erste Reise eines deutschen Kanzlers in die Region seit dem Zerfall Jugoslawiens - und von einiger politischer Bedeutung.

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Auch unterwegs in Sachen EUBild: AP

Drei Länder in zwei Tagen: Das Reiseprogramm von Bundeskanzler Gerhard Schröder und seinen Begleitern ist gut gefüllt. Die jeweiligen Termine ähneln sich stark - Ankunft am Flughafen, Treffen mit Präsident und Ministerpräsident, gemeinsame Gespräche, Pressetermin, und weiter geht es. Dennoch ist es eine besondere Reise: Schröder besucht die Region zum ersten Mal nach den politischen Umwälzungen der letzten Jahre.

Politik im Vordergrund

Durch seinen Besuch in der Slowakei, in Serbien-Montenegro und Kroatien (29./30.10.2003) will der Bundeskanzler die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Deutschland stärken. Hauptziel ist die weitere Annäherung Südosteuropas an die Europäische Union (EU). Auch um wirtschaftliche Themen soll es beim Schröder-Besuch gehen - doch die Zeit ist knapp. Deshalb wird es nur einige repräsentative Termine geben – die übliche Wirtschaftsdelegation hat der Kanzler zu Hause gelassen.

Slowakei: Auf dem Weg in die EU

EU Volksabstimmung in der Slowakei
Mehrheit für EU-Beitritt: der slowakische Präsident Rudolf Schuster (Mitte) und Premierminister Mikulas Dzurinda (rechts) bei der Abstimmung im Mai 2003Bild: AP

Zu Beginn seiner Reise traf Kanzler Schröder am Mittwoch (29.10.2003) in der slowakischen Hauptstadt Bratislava Präsident Rudolf Schuster und Ministerpräsident Mikulas Dzurinda. Im Mittelpunkt der Gespräche stand die Debatte um die geplante EU-Verfassung. Im Streit über die künftige Besetzung der EU-Kommission warb Schröder für Kompromissbereitschaft. "Man sollte diese Frage nicht dogmatisieren", sagte er nach dem Treffen. Die Slowakei wird am 1. Mai 2004 EU-Mitglied und fordert im EU-Verfassungsentwurf Änderungen, die Deutschland ablehnt.

Außerdem besuchte Schröder das Volkswagen-Werk in Bratislava, das als "Lokomotive der slowakischen Industrie" gilt. Die deutsch-slowakischen Wirtschaftsbeziehungen sind gut, das Handelsvolumen hat sich im Vergleich zu 1992 versechsfacht. Deutschland ist wichtigster ausländischer Investor in der Slowakei.

Serbien und Montenegro: Zeit für Reformen

Zoran Zivkovic bei Gerhard Schröder
Serbischer Ministerpräsident nach Djindjic' Ermordung: Zoran Zivkovic (links), hier bei einem Besuch in Berlin im Mai 2003Bild: AP

Zweite Station der Südosteuropa-Reise war Belgrad. Schröder ist seit 1985 der erste Bundeskanzler, der die ehemalige jugoslawische Hauptstadt besucht. Hier traf er Präsident Svetozar Marovic und den serbischen Ministerpräsidenten Zoran Zivkovic zu Gesprächen. Zivkovic ist der Nachfolger des ermordeten Ministerpräsideten Zoran Djindjic. Seit dessen Tod im März 2003 sind die Fortschritte bei der Demokratisierung des Staatenbundes ins Stocken geraten.

Dennoch hat Bundeskanzler Schröder Serbien-Montenegro deutsche Unterstützung für eine weitere Annäherung an die EU zugesagt. "Man hat hier erkannt, dass man Teil des guten, alten Europas ist", sagte er nach dem Gespräch mit dem Präsidenten. Die Heranführung des Landes an die EU müsse möglichst bald mit einem Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen vertraglich abgesichert werden. Serbien-Montenegro wurde bereits im April 2003 in den Europarat aufgenommen.

Außerdem nahm Schröder an der konstituierenden Sitzung eines neuen Wirtschaftskooperationsrats zwischen Deutschland, Serbien und Montenegro teil. In diesem Rat werden Vertreter von Regierung und Wirtschaft auf beiden Seiten sitzen. Deutschland ist der stärkste Wirtschaftspartner des Staatenbundes: Der Handel mit Deutschland wuchs 2002 um 23 Prozent auf rund 866 Millionen Euro.

Kroatien: 2007 in die EU?

Schröder beendet seine Reise am Donnerstag (30.10.) in Zagreb. Dort trifft er Staatspräsident Stipe Mesic und Ministerpräsident Ivica Racan. Schröder ist auch hier der erste Kanzler, der die Republik nach ihrer Unabhängigkeit im Jahr 1991 besucht. Kroatien gilt neben Rumänien und Bulgarien als möglicher Beitrittskandidat für die nächste Runde der EU-Erweiterung 2007.

Kroatische Küste bei Split
In Deutschland oft nur vom letzten Adria-Urlaub bekannt: KroatienBild: AP

Zum Abschluss seiner Reise nimmt Schröder an der Eröffnung der deutsch-kroatischen Handelskammer teil. Sie ist die erste bilaterale deutsche Auslandshandelskammer in den ehemaligen jugoslawischen Teilrepubliken. Deutschland ist nach Italien Kroatiens zweitwichtigster Handelspartner. Das Handelsvolumen betrug 2002 2,4 Milliarden Euro, das entspricht einem Zuwachs von neun Prozent. Auch bei den ausländischen Direktinvestitionen nimmt Deutschland nach Österreich den zweiten Platz ein.

Clement kommt 2004

Für Frühjahr 2004 ist schon die nächste Reise eines deutschen Regierungsmitglieds nach Südosteuropa geplant. Dann wird Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement die Region besuchen - in Begleitung einer Wirtschaftsdelegation, die bei der jetzigen Kanzlerreise noch zu Hause bleiben musste.