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Afrikanische Aufsteiger

Johannes Beck11. Januar 2008

Als zweites Land in Afrika überhaupt haben die Kapverden diesen Aufstieg geschafft: Sie sind Anfang 2008 der Gruppe der am 'wenigsten entwickelten Länder' entkommen. Bisher ist das nur Botswana gelungen.

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Strand auf den Kapverden (Archiv, Quelle: AP)
Nicht nur Traumstrände - auch erfolgreiche Politik haben die Kapverden zu bietenBild: AP Photo

Die vergangenen Monate hätten für die Kapverden kaum besser laufen können: Erst schloss die Europäische Union eine spezielle Partnerschaft mit dem vor der westafrikanischen Küste gelegenen Inselarchipel. Dann wurden die Kapverden in die Welthandelsorganisationen WTO aufgenommen und seit dem 1. Januar 2008 ist das Land von den Vereinten Nationen nun offiziell in die Gruppe der Länder mit mittlerem Einkommen aufgenommen worden. Damit haben die Kapverden die Gruppe der Least Developed Countries, der ärmsten Entwicklungsländer, verlassen.

Vorbildliche Bildungspolitik

Fischer am Strand Kapverden (Archiv, Quelle: AP)
Fischer am Strand der Kapverden - über Diamanten oder Öl verfügt das Land nichtBild: AP Photo

Für den Aufstieg müssen eine Reihe von wirtschaftlichen und sozialen Werten erreicht werden. Nach den Daten des Berichtes der Vereinten Nationen zur menschlichen Entwicklung besuchen beispielsweise auf den Kapverden neun von zehn Kindern die Schule. Im afrikanischen Durchschnitt gehen nur sieben von zehn Kindern in die Schule. Übrigens gehen auf den Kapverden praktisch genau so viele Mädchen wie Jungen in die Schule. Auch das ist keine Selbstverständlichkeit in Afrika.

Die Regierung des westafrikanischen Inselarchipels investiert ein Viertel ihres Haushaltes in Bildung. Damit liegt sie weit über dem schwarzafrikanischen Durchschnitt. Nur Kenia, Lesotho und Namibia erreichen ähnlich hohe Werte.

Auch in Gesundheit fließt überdurchschnittlich viel Geld. Basílio Ramos, Gesundheitsminister des Landes: verweist darauf, dass die Entwicklung im Gesundheitswesen entscheidend dafür gewesen sei, dass die Kapverden heute von einem Land niedrigen Einkommens zu einem Land mittleren Einkommens aufgestiegen sind. Die Indikatoren hätten sich sehr gut entwickelt. Noch vor gut 30 Jahren, 1975 habe die Kindersterblichkeit bei 108 von 1000 Kindern gelegen. "Heute liegen wir bei unter 30. Das zeigt den weiten Weg auf, den wir zurückgelegt haben. Heute müssen wir uns nicht mehr um Quantität, sondern vor allem um Qualität kümmern", sagt der Minister.

Geringe Kindersterblichkeit

Zum Vergleich: In Angola, wie die Kapverden ebenfalls früher portugiesische Kolonie, stirbt ein Viertel der Kinder, bevor sie fünf Jahre alt werden – acht Mal mehr als auf den Kapverden. Und dies, obwohl Angola beim Pro-Kopf-Einkommen auf dem gleichen Niveau wie die Kapverden liegt.

Im Gegensatz zu Angola, verfügen die Kapverden über keine nennenswerten Rohstoffvorkommen. Kein Öl, keine Diamanten, kein Kupfer. Devisen kommen in erster Linie ins Land, wenn die zahlreichen im Ausland lebenden Kapverder Geld in ihre Heimat überweisen, oder wenn Touristen die Inseln besuchen. Aus dem Mangel an Rohstoffen machten die Kapverden eine Tugend und investierten vor allem in ihre 518.000 Einwohner, sprich in deren Bildung und Gesundheit.

Regierung klärt über AIDS auf

Präsident der Kapverden, Pedro Pires (2006, Quelle: DW)
Steht seit 2001 für erfolgreiche Politik: Präsident Pedro PiresBild: DW

Auffällig im afrikanischen Vergleich ist die hohe Lebenserwartung von 70 Jahren – im Nachbarland Senegal leben die Menschen durchschnittlich nur 61 Jahre, in Angola sogar nur 41 Jahre. Auffällig ist auch die äußert niedrige AIDS-Quote auf den Kapverden. "Auch nach den 20 Jahren, die wir die Krankheit hier haben, befinden wir uns immer noch in der Gruppe der Länder mit einer niedrigen AIDS-Quote", sagt Artur Correia, Exekutivsekretär des kapverdischen Komitees zur Bekämpfung von HIV/AIDS. Nach der jüngsten Studie seien 0,8 Prozent der Bevölkerung mit HIV infiziert.

Der Grund sei, dass über 97 Prozent der Bevölkerung mit den AIDS-Aufklärungskampagnen erreicht werden. "In fünf bis sechs Jahren haben wir erreicht, dass nun doppelt so häufig Kondome verwendet werden. Das gilt für Frauen, Männer und auch Jugendliche. Was die Jugendlichen von 15 bis 24 Jahren betrifft, so stieg die Verwendung von 44 auf fast 80 Prozent.

Tatsächlich faire Wahlen

Auch politisch sind die Kapverden vorbildlich: 1991 fanden die ersten freien Wahlen in Schwarzafrika statt. Auch danach verliefen die Wahlen transparent, offen und friedlich. Bereits zweimal wechselte die Regierung zwischen der PAICV (Partido Africano da Independência de Cabo Verde), Nachfolger der marxistischen Befreiungsbewegung, und der wirtschafsnahen MPD (Movimento para a Democracia).

Ein Wermutstropfen bleibt dennoch: Nach dem Aufstieg sind den Kapverden zahlreiche Entwicklungsgelder gestrichen worden. So hat Deutschland im vergangenen Jahr die letzten Entwicklungsprojekte auf den Inseln auslaufen lassen.