Karachi trauert nach Gewaltwelle
20. Oktober 2010Die genauen Opferzahlen variieren zwar, von 51 oder auch von 56 Opfern ist nach Agenturangaben die Rede. Klar ist aber, dass die derzeitige Gewaltwelle die südpakistanische Hafenstadt seit Samstag (16.10.) fest im Griff hat. Allein am Wochenende wurden 25 Menschen getötet. Am Dienstagabend (19.10.) dann eröffneten bislang unbekannte Täter auf einem Markt das Feuer und erschossen mindestens elf weitere. An diesem Mittwoch (20.10.) wurde in Karachi der Toten gedacht.
Ethnischer Konflikt im Hintergrund
Man habe im Zusammenhang mit der Mordserie mittlerweile 55 Verdächtige festgenommen, von denen einige in Verbindung mit politischen Parteien stehen sollen, so eine Sprecherin der Provinzregierung. Die Polizei schließt nicht aus, dass es sich hier um politisch motivierte Auftragsmorde handelt, die im Zusammenhang mit einer Nachwahl für das Provinzparlament standen. Dabei ging es am Sonntag (17.10.) um die Nachfolge des ermordeten Abgeordneten Raza Haider von der Partei Muttahida Quami Movement - kurz MQM. Haizer war im August von Unbekannten erschossen worden.
Zwei konkurrierende Parteien hatten für den nach dem Attentat frei gewordenen Sitz im Provinzparlament kandidiert: zum einen die in Karachi mitregierende MQM, die vor allem die Nachkommen indischer Einwanderer repräsentiert und mit der Volkspartei PPP von Präsident Zardari koaliert. Auf der anderen Seite die Awami Nationalpartei (ANP), deren Basis ethnische Paschtunen in Karachi bilden. Immer wieder kam es in der Vergangenheit zwischen Anhängern der beiden rivalisierenden Gruppen zu tödlichen Zusammenstößen. Allein seit Anfang dieses Jahres kamen in der südpakistanischen Hafenstadt mehrere hundert Menschen durch politisch und ethnisch motivierte Gewalt ums Leben.
Empfindliches Ziel
Karachi ist die Hauptstadt der südpakistanischen Provinz Sindh. In der 16-Millionen-Einwohner-Metropole liegen sowohl der wichtigste Hafen des Landes als auch die pakistanische Börse und die Zentralbank. Daneben ist Karachi auch für die NATO von strategischer Bedeutung, denn ein großer Teil der Nachschublieferungen für die alliierten Truppen in Afghanistan wird von dort aus über Land an die Grenze gebracht.
Autorin: Esther Broders (dapd/rtr/afp)
Redaktion: Thomas Latschan