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Rio: Zwischen Samba und Müll

Bruno Rezende18. Februar 2012

850 Tonnen Müll in vier Tagen - der Abfall, den die Feiernden hinterlassen, ist eines der größten Probleme beim Karneval in Rio. Es fehlt an Aufklärung und vor allem an einer anderen Haltung der Bevölkerung.

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Straße Evaristo da Veiga, Cinelândia (in der nähe des Theatro Municipal), Zentrum; Rio de Janeiro, 2011; Copyright: Coluna Zero
Karneval in Rio de Janeiro 2011Bild: Coluna Zero

Wer in den vergangenen Jahren den Aufstieg eines der größten und am sehnlichsten erwarteten Feste aus der Nähe beobachtet hat, besonders den Straßenkarneval, kann die dadurch verursachten Probleme nicht übersehen. Dazu zählen in erster Linie die Verschmutzung und ein Mangel an Bewusstsein darüber bei der Bevölkerung und den lokalen Behörden. Die Probleme während des Straßenkarnevals in Rio de Janeiro sind zahlreich – am meisten stechen jedoch die Müllberge ins Auge, die jedes Jahr Rekordzahlen brechen. Nach Angaben der Stadtreinigung von Rio, Comlurb, wurden 2011 über die vier Karnevalstage 850 Tonnen Müll im gesamten Stadtgebiet eingesammelt, 90 Tonnen mehr als im Jahr davor. Allein in der Umgebung des Sambódromo, wo die Umzüge der Sambaschulen stattfinden, beseitigten die Straßenkehrer etwas weniger als die Hälfte der insgesamt anfallenden Abfallmenge.

Recycelbare Materialien rentabler

Es ist nicht erstaunlich, dass die Müllberge stetig wachsen, schließlich nehmen auch immer mehr Menschen am Karneval in Rio teil. 2011 schätzte die Stadtverwaltung die Anzahl der Feiernden zunächst auf drei Millionen – tatsächlich waren es fünf Millionen, fast doppelt so viele wie im Jahr davor. Für die jüngste Karnevalssaison setzte die Comlurb auf eine neue Strategie: Die Müllabfuhr folgte den größten Karnevalsgruppen auf dem Fuß, sammelte den Müll ein und reinigte die Straße mit Wasser. Diese Aktion war hilfreich, löst das eigentliche Problem jedoch nicht.

Karneval in Rio de Janeiro 2011
Straßenreinigung im Stadtviertel IpanemaBild: Coluna Zero

Die Verantwortlichen könnten zum Beispiel einige der Gegenstände untersagen, zum Beispiel Glasflaschen und Holzspieße, wie sie beim Grillen verwendet werden. Erfreulicherweise liegen aber nicht so viele Glasflaschen auf den Straßen herum wie recycelbare Materialien, besonders Plastik. Der Großteil der Getränke wird in Dosen aus Aluminium verkauft, die später von Sammlern mitgenommen werden. Gegenstände aus Plastik, wie Flaschen, Becher und Verpackungen im Allgemeinen werden hingegen nicht eingesammelt. Die Erklärung dafür ist einfach: Aluminium ist rentabler.

Verhalten der Feiernden

Jegliche Änderung bei der Organisation des Karnevals bedarf auch einer veränderten Einstellung der Bevölkerung. Es ist zum Beispiel oft zu beobachten, dass einige Mülltonnen überquellen, während andere als Abstellmöglichkeit für Getränke benutzt werden. Verhaltensweisen wie diese sind sehr verbreitet und weisen auf die Dringlichkeit hin, Sensibilisierungskampagnen ins Leben zu rufen.

Karneval in Rio de Janeiro 2011
Mülltonnen werden als Tische benutztBild: Coluna Zero

Im Karneval 2011 startete die Stadt Rio eine Kampagne gegen das Wasserlassen auf der Straße. 777 Männer und Frauen, die sich öffentlich erleichtert hatten, kamen deswegen ins Gefängnis. Die Behörden bestätigen, dass die Bevölkerung sensibilisiert werden und seine Bedürfnisse an geeigneter Stelle verrichten muss. Dieselben Behörden müssen aber auch dafür sorgen, dass ihre Anforderungen eingehalten werden können. Im vergangenen Jahr gab es endlose Schlangen vor den 13.000 Toilettenkabinen, die in der ganzen Stadt verteilt waren, durchschnittlich kamen 375 Menschen auf eine Toilettenkabine. Für dieses Jahr haben die Organisatoren eine Verbesserung versprochen.

Mehr als Federboas und Pailletten

Es wird auch 2012 eine Aktion gegen das Urinieren in der Öffentlichkeit geben, ebenso wie Kampagnen zur Vorbeugung von HIV/Aids, gegen Vorurteile und für das Blutspenden. Es wird jedoch keine einzige Kampagne geben, die die Bevölkerung davon abhält, Glasflaschen oder andere gefährliche Gegenstände mit auf die Straße zu nehmen, oder sie dazu auffordert, Verschwendung zu vermeiden und Kreativität bei der Wiederverwendung der Verkleidungen vorangegangener Jahre zu beweisen. Kaum jemand weiß, dass die Sambaschulen viele Materialien voriger Jahre recyceln oder wiederverwenden, auch wenn sie das weniger zum Schutz der Umwelt als aus wirtschaftlichen Gründen tun. So sehr auch der Fokus auf der Kostenreduzierung liegen mag, es handelt sich um ein Beispiel, das durch Kampagnen bekannt gemacht werden sollte. Auf lange Sicht kann dadurch bei der Bevölkerung das Interesse für Themen wie Nachhaltigkeit und verantwortungsbewusster Konsum geweckt werden.

Die Stadt verhehlt nicht, dass sie das Wachstum des Karnevals in Rio de Janeiro bremsen möchte. Die Schwierigkeiten bei der Organisation dieses Events könnten die Verantwortlichen aber auch als eine Vorbereitung für noch größere Veranstaltungen nutzen. 2014 kommt auf die Stadt die Fußballweltmeisterschaft zu und zwei Jahre später ist Brasilien Gastgeber für die Olympischen Spiele.

Bruno Rezende ist Verfasser des Blogs "Coluna Zero", der 2010 beim internationalen Blog-Wettbewerb der Deutschen Welle, The BOBs, den „Spezialpreis Klimawandel“ gewann.

Autor: Bruno Rezende, Übersetzung: Julia Maas

Redaktion: Julia Mahncke