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Kartoffeln zählen im All

Sabine Kinkartz29. August 2008

Die Firma RapidEye in Brandenburg an der Havel schickt fünf Satelliten ins All. Sie sollen Zustand und Ertrag von Anbauflächen untersuchen.

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In drei Monaten sollen die Satelliten ihre Position erreicht haben, Quelle: rapideye
In drei Monaten sollen die Satelliten ihre Position erreicht habenBild: RapidEye
Die fünf Satelliten vor ihrem Start, Quelle: rapideye
Die fünf Satelliten vor ihrem StartBild: SSTL, UK

Wer bei der Firma RapidEye arbeiten will, der muss nicht nur fließend englisch sprechen, sondern auch Kondition haben. Die braucht man nicht nur auf dem firmeneigenen Beachvolleyball-Platz, sondern auch, um den direkten Draht ins All zu erreichen. Die ein paar Meter hohe Antennen-Anlage ist neben dem Computer-Server das Herzstück der Firma. Sie steht auf dem Dach und ist nur über eine steile Metall-Treppe und durch eine Dachluke zu erreichen. Immer wenn die Satelliten in Reichweite sind, sendet die Antenne neue Befehle in den Orbit.

Kühlschrankgroße Satelliten

RapidEye ist ein sogenannter Geo-Informationsdienstleister. Hinter dem sperrigen Begriff verbirgt sich ein Team aus Geologen, Geoinformatikern und Vermessungsingenieuren, die aus den verschiedenen Spektralfarben der Satellitenbilder Informationen ablesen können, wie andere aus einem gedruckten Buch. Ihr Chef ist Frederic Jung-Rothenhäusler, der Leiter der Entwicklungsabteilung bei RapidEye. Die Daten aus dem All, so erklärt er, würden mit bestehenden Informationen kombiniert. "Wir wissen beispielsweise, wie sich das Wachstum von Kartoffeln im Verhältnis zum Wachstum von Weizen verhält." Aufgrund dieser Information könnten die Satellitenbilder mit der Hilfe von Computern daraufhin ausgewertet werden, wie viele Kartoffeln und wie viel Weizen zum Beispiel im Land Brandenburg angebaut werden, oder in jedem anderen Teil der Welt.

Die Trägerrakete wird im Raumbahnhof Baikonur zum Silo transportiert, Quelle: rapideye
Die Trägerrakete wird im Raumbahnhof Baikonur zum Silo transportiertBild: SSTL, UK

Doch erst einmal müssen die fünf kühlschrankgroßen Satelliten mit ihren digitalen Kameras im Orbit kreisen. Am Freitag wurden sie vom Raumbahnhof Baikonur in Kasachstan aus an Bord einer umgebauten russischen Interkontinentalrakete ins All geschossen. Wenn alles glatt läuft, dann wird das Quintett in drei Monaten seine endgültige Position eingenommen haben und mehrmals am Tag die Erde umrunden. So können auch große Flächen an jedem Ort der Erde in sehr kurzen Abständen immer wieder in hoher Auflösung fotografiert werden.

Das ist neu und interessiert nicht nur Landwirte, sondern auch große Nahrungsmittelkonzerne. Lebensmittel werden knapper und teurer. Da werden Informationen darüber, was wo angebaut werden kann, wo weitere Flächen zur Verfügung stehen, wo es Ernteausfälle gibt oder wo nachgedüngt werden muss, immer wichtiger.

Schadenserhebungen für Versicherer

Zum Kundenkreis von RapidEye gehören auch landwirtschaftliche Versicherungen, wie Marketing-Chef Michael Prechtl erklärt. Sie interessieren sich für Veränderungen auf den von ihnen versicherten Flächen. Diese werden permanent beobachtet und wenn ein Schaden eintritt, dann werden die Bilder aus der Zeit vor dem Ereignis mit denen nach der Schädigung verglichen. Das Ergebnis wird dem Kunden mitgeteilt. "Was ist passiert? Wie ist es passiert? Wie groß ist der Schaden?" – das interessiere die Versicherer, sagt Prechtl.

Der Firmensitz in Brandenburg, Quelle: rapideye
Der Firmensitz in BrandenburgBild: RapidEye, Deutschland

Das Vertriebsteam arbeitet intensiv daran, den Kundenkreis zu erweitern. Wenn alles klappt, dann könnte das Unternehmen bereits 2009 schwarze Zahlen schreiben. 160 Millionen Euro wurden in RapidEye investiert. Ein Drittel der Summe steuerten das Land Brandenburg als Fördermittel und das Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) als Gründungskapital bei. Der Rest wurde klassisch über Banken finanziert. Das DLR sichert sich durch seine Beteiligung den Zugriff auf die Satellitenbilder, die es deutschen Forschungseinrichtungen zur Verfügung stellen will. Das Land Brandenburg erreichte mit seiner Förderung, dass RapidEye seinen Firmensitz in die Stadt Brandenburg, 70 Kilometer vor den Toren Berlins aufschlug. Mittlerweile arbeiten 90 Mitarbeiter in der Kleinstadt an der Havel, rund zwei Drittel von ihnen wohnen allerdings im nahen Potsdam und in Berlin.

Die meisten Mitarbeiter sind Spezialisten auf ihrem Gebiet und die findet man nicht so leicht in Deutschland. Daher kommen sie aus aller Welt, von Albanien über Taiwan, Rumänien, Spanien, Russland, Italien bis Brasilien und Argentinien. 23 Sprachen werden bei RapidEye gesprochen und das kommt insbesondere dem Vertrieb zu Gute. Wer weltweit Geschäfte machen will, der kann das am besten in der jeweiligen Muttersprache, sagt Marketing-Leiter Prechtl. Für den firmeninternen Umgang reicht englisch. Diese Sprache müssen allerdings sogar das Personal in der Cafeteria und der Hausmeister beherrschen.