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Kasachische Oppositions-Zeitungen können nicht erscheinen

29. September 2005

Die Druckerei Wremja-Print weigert sich, mehrere Zeitungen zu drucken. Medienvertreter vermuten, dass dies auf Druck der Präsidentenadministration geschieht. Journalisten sind aus Protest in einen Hungerstreik getreten.

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Druck-Stopp für oppositionelle ZeitungenBild: Illuscope

Die Chefredakteure der führenden kasachischen demokratischen Zeitungen Apta.kz, Epocha, Schuma-Times, Prawda Kasachstana, Asat, Swoboda slowa und Sos-Respublika haben am 27. September auf einer Pressekonferenz in Almaty erklärt, sie würden aus Protest gegen das gesetzwidrige Vorgehen der Staatsmacht gegen ihre Zeitungen in einen Hungerstreik treten. Für die bekannten Journalisten war die unangekündigte und nicht begründete Weigerung der Druckerei Wremja-Print, die demokratischen Zeitungen zu drucken, der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

„Politische Gründe“

Die Chefredakteure der sieben oppositionellen Zeitungen sind überzeugt, dass die Weigerung politische Gründe hat und in einem direkten Zusammenhang mit den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen im Dezember dieses Jahres steht. Man könne nicht von wirtschaftlichen Motiven ausgehen, unterstrich einer der Teilnehmer der Pressekonferenz, weil jede der Zeitungen eine Auflage von 100.000 Exemplaren habe, was der Druckerei Einnahmen in Höhe von umgerechnet 44.000 Dollar monatlich gebracht habe. Nach Ansicht der Journalisten muss davon ausgegangen werden, dass die Leitung der Druckerei von der Präsidentenadministration unter Druck gesetzt worden ist, damit Hunderttausenden Lesern die Möglichkeit genommen wird, alternative Standpunkte zum Geschehen im Lande zu erfahren.

Leere Versprechen?

Gleichzeitig betonten die Journalisten auf ihrer Pressekonferenz, die Weigerung der Druckerei, die Zeitungen zu drucken, sei buchstäblich zwei Tage nach einem Besuch von OSZE-Vertretern bei Wremja-Print gekommen. Bei dem Besuch habe die Leitung der Druckerei versichert, die Auflage der demokratischen Zeitungen werde nicht eingeschränkt.

Proteste angekündigt

Die Chefredakteure der demokratischen Zeitungen wollen jetzt nicht untätig bleiben. Sie wollen bald mehrere Protestaktionen starten. Die Chefredakteurin der Zeitung Swoboda slowa, Gulschan Ergalijewa, sagte: „Wir haben eine Reihe von Maßnahmen und Protestaktionen geplant, an denen wir teilnehmen müssen. Mehrere Chefredakteure von sechs, sieben geschlossenen Zeitungen werden in einen Hungerstreik treten. Das ist unser erstes Signal an die Öffentlichkeit und an die Staatsmacht, dass wir mit einer Protestaktion beginnen. Wir werden unsere Verfassungs-, Berufs- und Menschenrechte verteidigen. Außerdem werden die Zeitungen Swoboda slowa, Schuma-Times, Sos-Respublika, Epocha Apta.kz, Asat und weitere nicht erscheinen. Und dann wird das Volk fragen: Wo sind die Zeitungen?! Dann werden wir mit unseren Aktionen zeigen: So geht man mit uns um!“

Nur eine Masche?

Die kasachische Staatsmacht bezeichnet die von den demokratischen Kräften angeprangerten Schließungen von Zeitungen und Beschlagnahmungen gewöhnlich als Quertreibereien der Opposition selbst, die auf diese Weise die Öffentlichkeit auf sich aufmerksam machen wolle. Der Chefredakteur der Zeitung Epocha, Bachytschan Mukuschew, sagte: „Das Staatsoberhaupt hat sich mehrfach an die Menschen im In- und Ausland gewandt und öffentlich versichert, die Wahlen würden so astrein und transparent verlaufen wie noch nie zuvor. Mir ist nicht ganz klar, ob dem Präsidenten sein Umfeld dies unterschiebt oder ob das eine Masche ist, die Polittechnologen des Präsidenten manchmal einsetzen. Es wird bewusst ein unpopuläres Gesetz in Umlauf gebracht, beispielsweise über Nichtregierungsorganisationen oder Medien, und dann verurteilt der Präsident sehr ausgewogen und vernünftig solche Versuche.“

Hunderte Demonstranten

Die Redakteure der oppositionellen Zeitungen hoffen, dass die Weigerung der Druckerei nur eine weitere Masche der Präsidentenadministration ist und dass sich die Probleme bald auflösen. Am 28. September begannen kasachische Journalisten mit ihrem Hungerstreik vor dem Gebäude von Wremja-Print. Die Journalisten wurden dort von mehreren Hundert Demonstranten unterstützt.

Anatolij Weißkopf, Sarina Kosybajewa, Almaty

DW-RADIO/Russisch, 28.9.2005, Fokus Ost-Südost