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Kasachstan: Machtkampf zwischen Präsident und Schwiegersohn

31. Mai 2007

Rachat Alijew, kasachischer Industrie- und Medienmagnat, war bis dato Botschafter in Österreich, jetzt hat ihn der Präsident entlassen: Er soll in einen Entführungsfall verwickelt sein. Alijew vermutet persönliche Rache.

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Ziel ist höchstes Staatsamt

Rachat Alijew, der 44 Jahre alte Schwiegersohn des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew, hat in Wien seine diplomatische Immunität verloren. Ein entsprechender Beschluss wurde im österreichischen Außenministerium getroffen. Zurzeit beschäftigt sich die österreichische Staatsanwaltschaft mit dem Fall des ehemaligen kasachischen Botschafters. Noch vor wenigen Tagen herrschte der Eindruck, dass sich die österreichischen Behörden nicht sonderlich beeilen, eine Entscheidung zu treffen. Doch dann ging alles sehr schnell.

Staatsanwaltschaft in Wien prüft

Ohne diplomatische Immunität kann Nasarbajews Schwiegersohn theoretisch entweder verhaftet oder ausgewiesen werden. Im Gespräch mit der Deutschen Welle am 30. Mai sagte der Mitarbeiter des österreichischen Justizministeriums, Thomas Gaiblinger, das Justizministerium habe die Sache Rachat Alijew der Staatsanwaltschaft zur Prüfung übergeben. Dort sollen alle Details und Einzelheiten sorgfältig untersucht werden, vor allem die Liste der Anschuldigungen, die gegen Alijew von der kasachischen Justiz erhoben werden. Schließlich soll die österreichische Justiz entscheiden, ob es prinzipiell möglich ist, den Ex-Diplomaten an sein Heimatland auszuliefern. Alijew war ehemals Vertreter Kasachstans bei der OSZE und kasachischer Botschafter in Österreich.

Vorwurf der Entführung

Die kasachischen Rechtsschutzorgane werfen Alijew vor, die beiden führenden Vertreter der großen kasachischen "Nurbank", Abilmaschen Gilimow und Scholdas Timralijew, entführt zu haben. Alijew selbst ist Mitgründer und Hauptaktionär der Bank. Vertreter des Innenministeriums und der Generalstaatsanwaltschaft behaupten, eine organisierte Gruppe unter Leitung Alijews habe das Vermögen der Entführten an sich gerissen. "Die illegale Aneignung fremden Vermögens ist bewiesen, mit sichergestellten gefälschten Dokumenten, aber auch mit Gutachten und Zeugenaussagen", sagte der Leiter des Pressedienstes des Innenministeriums, Bagdat Koschachmetow.

Besitzt Alijew brisantes Material?

Eine kasachische Untersuchungsgruppe reiste nach Wien, wo sich Alijew derzeit wahrscheinlich noch aufhält. Einen Tag zuvor teilte Alijews Pressedienst mit, in der österreichischen Hauptstadt würden Mitarbeiter der kasachischen Auslandsaufklärung und des Innenministeriums arbeiten. Ziel der Gruppe unter Leitung des stellvertretenden Generalstaatsanwalts Kasachstans sei es, den Schwiegersohn des Präsidenten und die in dessen Besitz befindlichen Dokumente nach Kasachstan zu bringen. Vermutet wird, dass Alijew, der einst auch Leiter des Komitees für Staatssicherheit und der Steuerfahndung war, über umfangreiches kompromittierendes Material gegen viele hochrangige kasachische Staatsdiener verfügt – einschließlich des Staatsoberhauptes.

Alijew will gegen Nasarbajew kandidieren

Alijew selbst nahm am 26. Mai Stellung zu den Ereignissen. Er wirft Präsident Nursultan Nasarbajew vor, die Macht usurpiert zu haben. Alijew kündigte an, den politischen Kampf gegen Nasarbajew fortzusetzen, der nach den vor kurzem verabschiedeten Verfassungsänderungen künftig uneingeschränkt für das höchste Staatsamt wiedergewählt werden kann. Alijew meint, er werde verfolgt, seitdem er seinem Schwiegervater angekündigt habe, im Jahr 2012 selbst für das Präsidentenamt kandidieren zu wollen. Am 28. Mai erließ Präsident Nasarbajew gegen den Mann seiner Tochter Dariga Haftbefehl. Dariga gilt als die einflussreichste Frau Kasachstans: Sie leitet ein Medienimperium und ist auch politisch aktiv.

S. Kosybajewa, D. Bryantseva, V. Volkov
DW-RADIO/Zentralasien, 29.5.2007, Fokus Ost-Südost