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Kasachstan und China: Ungleiche Handelspartner

11. Oktober 2007

Auf dem kasachischen Markt ist die Dominanz Chinas deutlich zu erkennen. Große Mengen der Einnahmen aus dem kasachischen Erdölgeschäft fließen durch Handel ins Nachbarland.

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Gezahlt wird meist in DollarBild: AP

Laut offizieller Zollstatistik ist die Europäische Union der wichtigste Außenhandelspartner Kasachstans. Einige Experten gehen davon aus, dass tatsächlich, unter Berücksichtigung des sogenannten "grauen Imports" und des Schmuggels, dieser Platz Russland gebührt. Aber die meisten Experten meinen, dass in Wirklichkeit längst China die "erste Geige" in der Außenwirtschaft des größten postsowjetischen Landes Zentralasiens spielt. Dabei legen die chinesischen Zollbehörden schon traditionell eine Statistik des bilateralen Handels vor, die die Ergebnisse des kasachischen Zolls übertrifft. Offenbar kommt eine bemerkenswerte Menge von Waren, die aus der Volksrepublik China als legaler Export abtransportiert wird, in Kasachstan als "grauer Import" oder Schmuggelware an.

Einnahmen fließen ins Ausland

Die Kasachen fahren in die benachbarte Volksrepublik China, kaufen dort Möbel, Fernseher, Haushaltswaren und Kleidung. Sie zahlen natürlich nicht mit kasachischen Tenge, sondern mit Dollar, denn die Chinesen akzeptieren keinen Euro, zumindest noch nicht in den Grenzgebieten zu Kasachstan. Experten schätzen, dass jährlich mehr als 100.000 Bürger aus GUS-Staaten die Provinz Xinjiang besuchen, hauptsächlich Kasachen. Viele von ihnen führen 10.000 Dollar (die Summe, die man offiziell ausführen darf) und noch mehr mit sich. Auf diese Weise "pumpt" der chinesische Markt aus Kasachstan bedeutende Mengen an Währung ab, die aus dem Verkauf von Erdöl an den Westen oder aus Krediten stammt, die dem Land von Banken gewährt wurden.

Man muss aber zugeben, dass die Massenlieferungen billiger chinesischer Waren nach Kasachstan in den 90er Jahren eine wichtige stabilisierende Rolle in der sozial-ökonomischen Situation des Landes gespielt haben, zu einer Zeit, als die Hauptmasse der Bevölkerung einen Monatslohn in Höhe von 200 Dollar erhielt.

China investiert in den Handel

Der bekannteste kasachische Sinologe Konstantin Syroeschkin meint, der Umfang des kasachisch-chinesischen Handels wachse durch den Absatz von Massenbedarfsartikeln und nicht aufgrund von Erdöllieferungen. Der Experte ist allerdings besorgt über die Tatsache, dass die chinesischen Investitionen hauptsächlich in den Handel fließen: "China ist an der Entwicklung unserer industriellen Produktion nicht interessiert, es braucht dies nicht." Das ist wohl kaum zu bestreiten. Bei allen demonstrativ freundschaftlichen Aktionen im Rahmen der Schanghai-Organisation für Zusammenarbeit ist offensichtlich, dass die Nachbarschaft eines solchen Riesen wie China sich auf die Versuche sehr negativ auswirkt, eine mehr oder weniger selbständige kasachische Wirtschaft aufzubauen.

Die Entwicklung in der chinesischen Provinz Xinjiang auf der anderen Seite erlebte in den vergangenen Jahren einen deutlichen Durchbruch. Wer die Provinzhauptstadt Urumqi vor zehn bis 15 Jahren und heute gesehen hat, kann kaum Worte für die beeindruckenden Veränderungen finden.

Kasachen fordern Protektionismus

Da in Kasachstan viel Baumwolle und Wolle erzeugt wird, baten beispielsweise die Vertreter der kasachischen Textilindustrie die gesamten 90er Jahre über die Regierung ihres Landes, im Außenhandel zu protektionistischen Maßnahmen zu greifen. Hinzu kam, dass Kasachstan von der UdSSR die wohl schlechteste Industrieinfrastruktur erbte. Die Forderungen wurden untermauert mit erfolgreichen Beispielen. So liefert die kasachische Gesellschaft Tekstilajn bereits seit etwa zehn Jahren seine Produktion an die Schweiz. Und es könnte viel mehr solcher Unternehmen geben, meinen Vertreter der kasachischen Textilindustrie.

Die Dominanz Chinas auf dem kasachischen Konsummarkt ist schon vor dem Beitritt des Landes zur Welthandelsorganisation deutlich zu spüren. Deswegen stellt sich schon heute die Frage, was nach einem WTO-Beitritt passiert, wenn sich die Grenzen für Waren und Arbeitskräfte noch weiter öffnen werden.

Jaroslaw Rasumow, Almaty
DW-RADIO/Zentralasien, 9.10.2007, Fokus Ost-Südost