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Kasachstan verurteilt Menschenrechtler

24. September 2009

2010 soll Kasachstan als erste ehemalige Sowjetrepublik den Vorsitz der OSZE übernehmen. Doch jetzt hat der zentralasiatische Staat einen seiner bekanntesten Menschenrechtler inhaftiert.

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Der kasachische Menschenrechtler Jewgeni SchowtisBild: Andrey Grishin
Eine Demonstration gegen Zensur in Kasachstan
Oppositionelle protestieren gegen die Zensur in KasachstanBild: DW

Der Jurist Jewgeni Schowtis war Anfang September wegen Totschlags zu vier Jahren Haft in einer Strafkolonie verurteilt worden. Er war als Autofahrer nachts vom Licht eines entgegenkommenden Fahrzeuges geblendet worden und hatte daraufhin einen Fußgänger überfahren. Ein tragischer Fall, und dennoch, argumentieren Juristen, hätte auch nach kasachischem Recht normalerweise schlimmstenfalls eine Bewährungsstrafe verhängt werden dürfen.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch wirft den kasachischen Behörden vor, besonders streng vorgegangen zu sein, um einen der unbequemsten Kritiker des Landes auszuschalten. Demnach seien dem Menschenrechtler sogar Drogen untergeschoben worden. Eigentlich sollte Schowtis bei der nächsten OSZE-Konferenz in Warschau über die Menschenrechtslage in seinem Heimatland berichten. Möglicherweise habe man dies durch die Verhaftung verhindern wollen.

Zunehmend autoritär

Kasachstans Präsident Nursultan Nasarbajew (Foto:dpa)
Kasachstans Präsident Nursultan NasarbajewBild: dpa - Report

2010 übernimmt Kasachstan als erste ehemalige Sowjetrepublik den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Die Organisation erhoffte sich durch die Vergabe Fortschritte in der demokratischen Entwicklung des Landes. Doch zunehmend werden Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieses Schrittes laut.

Denn Kasachstans Präsident Nursultan Nasarbajew regiert sein Land zunehmend autoritär. Seine Partei, die allein regierende Nur Otan, steht kurz davor, die Präsidentenwahl abzuschaffen und das 69 Jahre alte Staatsoberhaupt auf Lebenszeit zu ernennen. Künftig sollen Schulen und andere öffentliche Gebäude nach Nasarbajew benannt werden.

Hartes Vorgehen gegen Oppositionelle

Mit einer Reihe von Maßnahmen wird oppositionelle Kritik schon im Keim erstickt. Erst vor kurzem beschlagnahmten kasachische Behörden die Gesamtauflage der regierungskritischen Zeitung «Respublika». Oppositionelle werden vom Geheimdienst unter Druck gesetzt. Doch vor allem die Verhaftung des 54-jährigen Schowtis beunruhigt auch das Ausland. 2007 hatte Schowtis den Menschenrechtspreis der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung erhalten. Das Verfahren gegen ihn stecke voller Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien, obwohl sich Kasachstan als OSZE-Mitglied zu deren Einhaltung verpflichtet habe. Kritik kamen nicht zuletzt von der US-Regierung und auch vom Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, Günter Nooke.

Der Westen hat Wirtschftsinteressen

Das Tengiz-Ölfeld in Kasachstan (Foto:ap)
Das Tengiz-Ölfeld in KasachstanBild: AP

Schärfere Maßnahmen westlicher Industriestaaten sind jedoch nicht zu erwarten. Dafür ist die Bedeutung Kasachstans als strategischer Partner zu groß. Zum einen wegen der reichen Erdöl- und -gasvorkommen. Zum anderen soll Kasachstan aber auch als stabilisierender Faktor zur Befriedung der zentralasiatischen Region beitragen, mithelfen, die Lage in Afghanistan zu stabilisieren und eine Vermittlerrolle zwischen der islamischen Welt und dem Westen einnehmen. Sollte dieser jedoch Kasachstan gegenüber eine zu kritische Haltung einnehmen, stehen Russland und China als Handelspartner schon bereit. (rey/dpa)