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Katerstimmung auf dem Arbeitsmarkt

18. Dezember 2001

In Deutschland haben sich im Jahr 2001 wieder mehr Menschen arbeitslos gemeldet. Und das trotz vollmundiger Regierungsversprechen, die Arbeitslosenzahl zu senken.

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Im Osten Deutschlands ist die Arbeitslosigkeit noch immer besonders hoch.Bild: AP

Im Januar 2001 war das Klirren der Sektgläser kaum verklungen, da machte sich schon Katerstimmung breit: Nach einer passablen Aufwärtsentwicklung im Jahr 2000 verschlechterte sich die Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt im Laufe dieses Jahres deutlich.

Monat für Monat mehr Arbeitslose

Ziemlich ratlos musste der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, seit dem Frühjahr mit ansehen, wie ihm Monat für Monat seine Vorjahres-Erfolge zwischen den Fingern zerrannen. Ausgerechnet der sonst eher schlechte Januar hatte noch einmal die Zahl der Arbeitslosen im Vergleich zum Vorjahr kräftig - nämlich um mehr als 200.000 - sinken lassen. Der August brachte schließlich unumstößlich die Trendwende: Mit 3,79 Millionen waren erstmals wieder mehr Männer und Frauen arbeitslos als im Vergleichsmonat des Vorjahres. Eine derartige Abwärtsentwicklung hatte es auf dem deutschen Arbeitsmarkt zuletzt im April 1998 gegeben.

Kanzler musste Wahlversprechen zurücknehmen

Dabei war Jagoda noch zu Jahresbeginn von einem durchschnittlichen Rückgang der Arbeitslosen um 200.000 bis 250.000 ausgegangen. Tatsächlich aber reduzierte sich deren Zahl nur um rund 40.000 auf 3,89 Millionen. Damit wurde auch absehbar, dass der Bundeskanzler sein Wahlversprechen nicht würde halten können. Gerhard Schröder, der während des Bundestagswahlkampfes 1998 ein "Kanzlerziel" von durchschnittlich 3,5 Millionen Arbeitslosen im Wahljahr 2002 ausgegeben hatte, musste dieses Ziel im Herbst 2001 nach unten korrigieren. Sehr zur Schadenfreude der Opposition.

Düstere Prognosen für 2002

Angesichts der weiterhin trüben Konjunktur-Aussichten gibt man sich inzwischen bei der Nürnberger Bundesanstalt bescheiden: Auf der Basis eines prognostizierten 1,25-prozentigen Wirtschaftswachstums erwarten Jagodas Experten für 2002 allenfalls noch eine Stagnation auf dem Arbeitsmarkt. Er lebe, so gestand Jagoda kürzlich, auch ein Stück mit der Hoffnung, dass die Entwicklung im zweiten Halbjahr 2002 besser werde.

Hoffen auf das "Job-Aqtiv-Gesetz"

Bundesanstalt und das Bundesarbeitsministerium setzen dabei auch auf das neue Job-Aqtiv-Gesetz. Unter dem Motto "Fördern und Fordern" strebt die Bundesanstalt nicht nur eine individuellere Betreuung von Arbeitslosen an. Eine Art Frühwarnsystem soll dafür sorgen, dass Zehntausende gar nicht erst arbeitslos werden; Vermittler sollen schon bei den ersten Hinweisen auf einen drohenden Job-Verlust aktiv werden. Mit so genannten Vermittlungsvereinbarungen, die den Jobsucher verbindlich zu mehr Eigeninitiative anhalten, steigern die Arbeitsämter auch subtil den Druck auf die Empfänger von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe. Flankiert werden soll das Programm durch 3.000 zusätzliche Jobvermittler.

Deutsche Wirtschaft will Taten sehen

Mit dem Job-Aqtiv-Gesetz hat die rot-grüne Bundesregierung auch auf den wachsenden politischen Druck reagiert. Vor allem die deutsche Wirtschaft fordert mehr Taten zur Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Doch damit ist angesichts der steigenden Erwerbslosenzahlen vorerst kaum zu rechen, wie auch Bundesanstalts-Chef Jagoda einräumt.

Schlechte Noten von der EU-Kommission

Inzwischen bläst der Bundesregierung wegen ihrer der schlechten Arbeitsmarkt-Bilanz der Wind auf EU-Ebene ins Gesicht. So erteilte etwa EU-Sozialkommissarin Anna Diamantopoulou der Regierung Schröder schlechte Zensuren. Die hohe Arbeitslosigkeit bei gleichzeitigen Fachkräftemangel beweise, dass der deutsche Arbeitsmarkt nicht richtig funktioniere, meinte die führende EU-Politikerin Ende November.