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Politik

Kaum Sendezeit für Opposition vor Referendum

Basak Demir
14. April 2017

Die "Nein"-Fraktionen haben auffällig wenig Sendezeit im türkischen Fernsehen. Die pro-kurdische HDP klagt über ein "Embargo". Der oppositionelle Flügel der nationalistischen MHP spricht von einer "Anordnung Erdogans".

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Symbolbild Türkei Einschränkung der Meinungsfreiheit
Bild: picture alliance/dpa/H. Kaiser

Noch bis Samstag läuft die Kampagne der Befürworter und Gegner für das umstrittene Verfassungsreferendum in der Türkei. Auch in den großen TV-Stationen ist die Volksabstimmung ein wichtiges Thema. Doch die Gegner - wie die pro-kurdische HDP - kommen in den Medien kaum zu Wort. "Sowohl im staatlichen als auch im privaten Fernsehen haben wir es mit einem regelrechten Embargo zu tun", sagt der stellvertretende Vorsitzende der HDP, Saruhan Oluç, der Deutschen Welle. 

"Der staatliche Sender TRT hat uns kein einziges Mal eingeladen. Und auch der Privatsender FOX TV hat vergangene Woche nur ein einziges Mal einen unseren Abgeordneten aus Ankara live gesendet. Wir haben es hier eindeutig mit einer Diffamierung zu tun", klagt Oluç.

Saruhan Oluç - Ein Abgeordnete der pro kurdischen Partei HDP in der Türkei
Saruhan Oluç ist stellvertretender Co-Vorsitzender der pro-kurdische HDP.Bild: HDP

Diesen Eindruck bestätigt auch ein Bericht, der kürzlich von der zivilgesellschaftlichen Plattform "Einheit für Demokratie" erstellt wurde. Die Plattform ist ein Zusammenschluss von über 100 Initiativen und Organisation. Das Ergebnis ihres Berichtes: Im Vorfeld des Referendums zur Verfassungsänderung verteilen die großen türkischen TV-Sender ihre Sendezeit zwischen den "Ja" und den "Nein" Fraktionen höchst ungerecht. 

Gleichbehandlung nicht erwünscht

Der Bericht stützt sich auf Daten des staatlichen Obersten Radio- und Rundfunkrats der Türkei (RTÜK). Betrachtet wurden 17 Sender, darunter der staatliche Fernsehkanal TRT 1, die Privatsender Kanal D, CNN Türk, Fox TV und HaberTürk. Das Ergebnis: Vertretern des Präsidialamts und der Regierungspartei AKP wurden in den ersten drei März-Wochen in Livesendungen rund 470 Stunden Sendezeit zugeteilt. Dagegen erhielt die oppositionellen sozialdemokratische CHP, die zu einem "Nein" beim Referendum auffordert, lediglich 45 Stunden. Die pro-kurdische HDP bekam gar keine Sendezeit. In dem Bericht wurden auch die Daten von Nachrichtensendungen erfasst. Auch hier ist der Unterschied groß: Vom 1. bis 10. März wurden dem Präsidialamt und der AKP 136 Stunden, der CHP 17 Stunden und der HDP 33 Minuten Sendezeit zugeteilt. 

Konsequenzen für dieses Ungleichgewicht müssen die türkischen Medien nicht fürchten. Ursache ist ein Dekret der Regierung, das anderthalb Monate vor dem Referendum erlassen wurde. Unter Berufung auf den Ausnahmezustand wurden in dem Dekret bisher gültige Strafen im Falle einer Ungleichbehandlung von Parteien in Rundfunk und Fernsehen aufgehoben.

Angst vor "Nein"-Sagern aus dem rechten Spektrum?

Nicht nur die Sozialdemokraten CHP und die pro-kurdische HDP bekommen die Folgen der Einschränkungen zu spüren. Ganz besonders trifft es den oppositionellen Flügel der nationalistischen Volkspartei MHP. Die inzwischen ausgeschlossene Gruppe um Sinan Oğan hat sich gegen Erdogan und damit auch gegen ihren Parteivorsitzenden Devlet Bahçeli gestellt. Diese Entwicklung könnte auch für Erdogan gefährlich werden. Während Bahçeli den Umbau der Türkei in ein Präsidialsystem unterstützt, wirbt die Gruppe um Sinan Oğan für ein klares "Nein". Und sie könnte zahlreiche Erdogan-Anhänger für ihre Position gewinnen. 
Sinan Oğan sieht darin auch den Grund, warum er und seine Leute überhaupt keinen Sendeplatz vor allem in den staatlichen Medien finden. "Wenn die sozialdemokratische CHP dazu aufruft, mit 'Nein' zu stimmen, wird kein Rechter das tun. Weil wir aber mitten im rechten Flügel sind, hat alles, was wir sagen, großen Einfluss. Deshalb schränken die Medien die CHP nicht so sehr ein wie uns", sagte Oğan der Deutschen Welle. Nur bei dem privaten Sender FOX TV habe es einen Auftritt gegeben."Mainstream-Medien wie HaberTürk, NTV, CNN Türk erwähnen uns ab und an mal in ein, zwei Sätzen innerhalb einer Nachrichtensendung". 

Türkei Politiker Sinan Ogan
Politiker Sinan Oğan vertritt den oppositionellen Flügel der nationalistischen Volkspartei MHP.Bild: Sinan Ogan


Oğan beschuldigt den staatlichen Sender TRT 1 zudem, unter dem Deckmantel von Informationen über das Referendum, eindeutige Ja-Propaganda im Sinne Erdogans zu betreiben. Auch bei den privaten Sendern soll es nach seinen Angaben eine Anordnung Erdogans geben, die Oppositionellen der MHP nicht auf den Bildschirm zu bringen.