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Kein Anschluss für jedermann

Oliver Heidrich25. November 2003

In Genf findet vom zehnten bis zum zwölften Dezember 2003 der erste Weltgipfel zur Informations- und Wissensgesellschaft statt. Zentrales Thema: Kann die Dritte Welt beim virtuellen Wettlauf mithalten?

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Kann man wirklich von globaler Vernetzung sprechen?Bild: AP

Unter UNO-Schirmherrschaft treffen sich neben staatlichen Delegationen, darunter auch Bundeskanzler Schröder sowie der französische Ministerpräsident Raffarin, Nichtregierungsorganisationen und Firmenvertreter in Genf. Beraten wird über Möglichkeiten einer gerechteren Strukturierung der globalen Vernetzung. Der erste Weltgipfel zur Informations- und Wissensgesellschaft soll der ungleichen Verteilung entgegentreten, zumindest aber darauf aufmerksam machen. Um der hochkomplexen Thematik gerecht zu werden, bezieht man in Genf, anders als bei vergleichbaren Anlässen, eine Vielzahl unabhängiger Fachleute mit ein. Bedenklich stimmt indes der technische Status Quo in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern.

Im virtuellen Abseits

Frei verfügbare Informationen sowie unbeschränkte Kommunikation sind in den Industriestaaten zu Grundpfeilern des Fortschritts geworden. Ohne Internet funktioniert kaum noch ein Wirtschaftszweig. Anders formuliert: Die Beherrschung moderner Technologien ist Voraussetzung für Wettbewerbsfähigkeit. Was in industrialisierten Ländern selbst an Grundschulen oder in kleinen Familienbetrieben zum Standard gehört, ist in vielen unterentwickelten Regionen die exklusive Ausnahme. Wenn neue Technologien nicht schon in der Ausbildung eine zentrale Rolle spielen, wird der heimischen Industrie qualifiziertes Personal fehlen und kommende Generationen werden den Anschluss an die Industrienationen komplett verpassen.

Von all den benachteiligten Regionen steht Afrika statistisch gesehen auf der untersten Stufe. Wer auf dem schwarzen Kontinent zum Beispiel vom digitalen Datenstrom im Internet profitieren möchte, hat mit einer Vielzahl von Problemen zu kämpfen. Die erforderliche Hardware ist mit hohen Einfuhrzöllen belegt, während zum Teil enorme Betriebskosten sowie ein unterentwickeltes Telefonnetz den Zugang zum globalen Wissen für die Mehrheit unerschwinglich machen. Ein Hoffnungsschimmer besteht in Afrika, wie auch in Asien oder Südamerika, in der rasanten Ausbreitung von Mobilfunknetzen.

Politische Hindernisse

Zwar sind die modernen Technologien im Zuge der technischen Weiterentwicklung auch kostengünstiger und einfacher in der Handhabung geworden. Ob aber die Kluft zwischen Reich und Arm noch zu kitten ist, bleibt unter Experten umstritten. Erschwerend wirkt sich die dezentrale und komplexe Struktur des Mediums Internet aus. In Ermangelung einer zentralen Schaltstelle lässt sich die Entwicklung des internationalen Datenstroms kaum steuern. Darin liegen aber auch die Vorteile, denn autoritäre Regimes stoßen mit ihren Zensurbestrebungen regelmäßig an ihre Grenzen.

Die Teilnehmer des Weltgipfels sind über die inhaltliche Fokussierung noch uneins. Schon in der Vorbereitung des Treffens häuften sich die Themenvorschläge. Wenn die geschätzten fünf- bis sechstausend Vertreter ebenfalls über Computerviren, Missbrauch von Informationen und Online-Sicherheit verhandeln wollen, dürfte das dem eigentlichen Anliegen kaum dienlich sein. Um im Dickicht der unterschiedlichen politischen Positionen klarer zu sehen, ist der Schweizer Präsident Pascal Couchepin am Freitag, dem 21. November 2003, in Peking mit dem chinesischen Premierminister Wen Jiabao zusammengetroffen. Da China gegenüber freier Meinungsäußerung eine restriktive Haltung an den Tag legt, befürchten einige Teilnehmer, dass sich das Land mit Forderungen nach stärkerer Kontrolle gegen eine weitere Öffnung des Netzes stemmen wird. Bei soviel Sand im Getriebe muss anscheinend bereits die Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das Thema als Erfolgsmeldung herhalten.