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Sondergipfel der EU berät Wege aus Finanzkrise

1. März 2009

Die Europäische Union sucht Wege aus der immer dramatischeren Finanzkrise: Einigen Staaten steht das Wasser offenbar bis zum Hals. Es soll aber kein Hilfsprogramm für Osteuropa geben.

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Angela Merkel spricht sich gegen ein Rettungspaket aus
Angela Merkel spricht sich gegen ein Rettungspaket ausBild: AP

In einigen osteuropäischen Ländern geht die Angst vor dem Staatsbankrott um. In einem ungewöhnlichen Treffen der osteuropäischen EU-Mitglieder vor dem eigentlichen Sondergipfel zur Finanzkrise in Brüssel am Sonntag (01.03.2008) legte der ungarische Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany ein Papier vor, wonach Ungarn, Tschechien, die Slowakei, Polen, Rumänien, Bulgarien und die baltischen Staaten womöglich 160 bis 190 Milliarden Euro an Finanzhilfen brauchen. Bereits in einigen Wochen, so schätzen Experten, könnten EU-Länder zahlungsunfähig sein. Ungarn hatte bereits 2008 Überbrückungskredite des internationalen Währungsfonds erhalten.

Kanzlerin Merkel und EU-Ratspräsident Mirek Topolanek
Einig: Kanzlerin Merkel und EU-Ratspräsident Mirek TopolanekBild: picture-alliance/dpa

Die EU will in der Finanzkrise jedoch kein spezielles Rettungspaket für Osteuropa auflegen. Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte nach dem Sondergipfel, die zehn osteuropäischen Länder wünschten kein nur auf sie ausgerichtetes Programm. Jedes Land habe schließlich andere Probleme. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel erteilte Finanzhilfen eine Absage. Nicht allen Ländern in Mittel- und Osteuropa gehe es so schlecht wie Ungarn.

"Allen muss geholfen werden"

Auch andere Gipfelteilnehmer betonten, die Region müsse differenziert betrachtet werden. Der tschechische Ratsvorsitzende der Europäische Union, Mirek Topolanek, lehnt ein spezielles Hilfspaket für Osteuropa ab. Es dürfe keine Einteilung in verschiedene Klassen geben, sagte er. "Ich glaube nicht, dass eine spezielle Kategorie für Osteuropa geben sollte. Ich glaube nicht, dass man jetzt bestimmte Länder abtrennen sollte. Ich unterstütze den Ansatz, dass allen europäischen Ländern geholfen werden muss." Topolanek betonte zugleich, die EU werde kein Land "in der Patsche sitzen lassen".

Auch westeuropäische Länder, die den Euro als Einheitswährung haben, stehen unter Druck. Irland, Italien und Griechenland müssen zur Finanzierung ihrer Staatsschulden wesentlich mehr Zinsen zahlen als das immer noch recht zahlungskräftige Deutschland.

Streit um Protektionismus beigelegt

Der schwelende Streit um Protektionsmus in der Autoindustrie scheint vorerst entschärft. Die EU-Kommission erklärte Frankreich habe kritische Passagen aus seinem Hilfspaket für die heimische Autoindustrie gestrichen. Tschechien hatte heftig kritisiert, dass der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy für einen Arbeitsplatzabbau bei tschechischen Ablegern der französischen Autokonzerne geworben hatte. In der EU gibt es nach Worten von Angela Merkel keinen Streit über Protektionismus. Kein Land habe irgendeinem anderen Land protektionistische Tendenzen unterstellt, sagt die Kanzlerin nach dem informellen EU-Sondergipfel. "Alle sind sich einig, es ist gut, den Binnenmarkt zu haben und dass die Kommission über unsere Konjunkturpakete wacht."

GM-Staaten sollen zusammenarbeiten

Vorbereitung für den G20-Weltfinanzgipfel
Uneinig: Ferenc Gyurcsany mit seinem Amtskollegen Mirek TopolanekBild: AP

Zu einer eventuellen Rettung von Opel sagte Merkel, das Sanierungskonzept müsse genau geprüft werden, bevor über Hilfen des Staates entschieden werde. Zunächst bedürfe es einer positiven Prognose für das Unternehmen sowie die Bereitschaft von Banken, sich zu engagieren. Nach dem EU-Sondergipfel am Sonntag in Brüssel kündigte sie an, die von der GM-Krise betroffenen Staaten wollten das weitere Vorgehen untereinander abstimmen.

Der schwedische Ministerpräsident Frederik Reinfeldt sagte in Brüssel, auf lange Sicht würden die Kapazitäten in der europäischen Autoindustrie von 18 Millionen Einheiten pro Jahr um etliche Millionen sinken müssen: "Es darf nicht sein, dass wir uns mit Subventionen gegenseitig die Arbeitsplätze wegnehmen. Wir müssen das Hauptproblem angehen und das ist die zu hohe Kapazität bei den Herstellern. Die muss abgebaut werden, im normalen Wettbewerb, in Übereinstimmung mit den Subventionsregeln und mit Blick auf klimaschonende Fahrzeuge." In Schweden stecken Volvo und die GM-Tocher Saab in der Krise. (sam)