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Kein Kauf ohne Informationen

Martin Schrader2. Mai 2004

Wissen Sie noch wie das Leben ohne die Suchmaschine Google war? Im Internet auf jeden Fall mühsamer. Den Kauf einer Google-Aktie sollte man sich dennoch gut überlegen, meint Martin Schrader in seinem Kommentar.

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Googles Börsengang ist an den Aktienmärkten der meisterwartete seit dem Platzen der so genannten Dot-com-Blase im Jahr 2000. Damals brachen die Werte großer, zuvor hochgelobter Internet-Firmen rapide ein. Yahoo-Aktien rutschten zum Beispiel von knapp 240 Euro auf weniger als zehn Euro ab. Der Wert von Amazon, weltweit größter Online-Buchhändler, fiel von 106 Euro je Aktie auf einen Tiefstand von weniger als sieben Euro.

Nun steht die Weltwirtschaft vor einem Aufschwung und auch in der New Economy hat sich die Spreu vom Weizen getrennt. Das ist für die Eigentümer privater Internet-Unternehmen wie Google die richtige Zeit, einen Gang an die Börse zu wagen.

Chancengleichheit

Google will diesen Gang ebenso unkonventionell gestalten wie das Image seiner Firma (in deren kalifornischem Hauptsitz sind die Chefs zumindest aufgrund ihrer Garderobe nicht von der studentischen Aushilfe zu unterscheiden). Ein Großteil der Google-Aktien soll nicht über Investment-Banken verkauft werden, sondern sie sollen in einer Auktion an private Investoren gehen. Damit, so die Begründung Googles, solle Chancengleichheit hergestellt werden.

Hier beginnt jedoch das Reich der Märchen. Eine Chancengleichheit zwischen Hobby- und Privat-Anlegern einerseits mit professionellen Investoren andererseits kann es auf den Aktienmärkten nicht geben. Das wäre so, als spräche man bei einem 1000-Meter-Lauf von Chancengleichheit zwischen einem Sportabzeichen-Absolventen und einem Weltrekordhalter.

Fakten zählen

Beim Kauf von Aktien geht es um eine Investition in ein Unternehmen. Jeder Sparer und private Kapital-Investor wird sich in der Regel genau überlegen, wem er sein Geld gibt. Er will wissen, wie die Geschäfte des Unternehmens bisher gelaufen sind, wie es sein Geld investiert hat, welche Gewinne es macht. Kurz: Eine Investition erfordert genaue Kenntnisse über das Unternehmen. Diese Informationen sollten zudem regelmäßig aufgefrischt werden, zum Beispiel durch das stete Beobachten von Geschäftszahlen und der Situation des Unternehmens innerhalb seiner Branche.

Was wissen wir von Googles Geschäften? Wenig, viel zu wenig, lautet die Antwort! Dabei sollte ein Internet-Unternehmen, das um das Geld privater Investoren buhlt, genaue Informationen über seine Geschäfte auf seinen Internet-Seiten präsentieren. Danach sucht man bei Google jedoch vergebens. Allerlei Infos über die Gründer und den Hintergrund des Wortspiels Google-Googol erfährt der potenzielle Investor. Geschäftszahlen - und das ist doch das entscheidende - bietet Google möglichen Investoren bisher nicht auf den eigenen Internetseiten. Stattdessen wird versucht, mit den 200 Millionen Suchvorgängen pro Tag zu beeindrucken.

Besser nicht

Warum veranstaltet die Unternehmensführung um Eric Schmidt, Sergey Brin und Larry Page diese Geheimniskrämerei? Warum erfüllen sie lediglich die Pflicht-Angaben und legen der New Yorker Börsenaufsicht Geschäftszahlen des vergangenen Jahres vor, die für einen Börsengang gesetzlich gefordert sind? Warum gibt es nicht zumindest diese Zahlen auch im Internet. Und wie will das Unternehmen mit diesen Zahlen einen Erlös von 2,7 Milliarden Dollar rechtfertigen, den es mit dem Börsengang anstrebt? Auf Basis dieses Informationsmaterials muss man derzeit jedem privaten Investor vom Kauf einer Google-Aktie abraten - es sei denn, Geld spielt für ihn keine Rolle, und er möchte mit dem Erwerb eines Anteilscheins teilhaben an einem Stück Lebensgefühl, weil er dann sagen kann: Ich bin Miteigentümer von Google!