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Kein Konkurrent für den Agenten

Rafael Heiling24. Dezember 2002

Kinofans müssten eigentlich ununterbrochen im Sessel sitzen. Ein Mega-Film jagt den nächsten. Aber hext Harry Potter nicht James Bond die Zuschauer weg? Die Kinobranche sagt: Nein – und freut sich auf reichlich Umsatz.

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Kampf der Blockbuster?Bild: Presse

Am 14. November hat sich Harry Potter zum ersten Mal mit dem Monster aus der Kammer des Schreckens angelegt. Am 28. November ist 007 erstmals in seinem Aston Martin losgerast. Und keine drei Wochen später machen sich Frodo und seine Gefährten auf nach Mordor zum Herrn der Ringe. Weiter geht's am 16. Januar 2003, dann folgt die nächste Star Wars-Episode. Jedes dritte Wochenende eine Superpremiere.

"Ob das strategisch so gedacht war, wage ich zu bezweifeln", meint Johannes Klingsporn, Geschäftsführer des Verbandes der Filmverleiher, im Gespräch mit DW-WORLD. Ein Problem sieht er in der Blockbuster-Ballung trotzdem nicht. "Wir haben in Deutschland 4700 Leinwände. Damit können wir zwei Großstarts gut verkraften." Und dass der "Herr der Ringe" den smarten 007 Zuschauer kosten würde oder umgekehrt, kann Klingsporn nicht bestätigen: "Über acht Millionen waren in Harry Potter, und Bond marschiert stramm auf die fünf Millionen zu."

Zauber-Fans gehen selten in "007"

Andreas Kramer, Geschäftsführer beim Hauptverband deutscher Filmverleiher, weiß, warum das so ist. "Es liegt am Charakter der Filme. Harry Potter ist eine Fortsetzung, Der Herr der Ringe ebenfalls – da geht man sowieso rein, um zu wissen, wie es weitergeht", sagt er im DW-WORLD-Interview. "Und James Bond ist auch ein Film, den man sich ansieht, egal, ob er gut oder schlecht ist." Ohnehin seien die Werke für unterschiedliche Zielgruppen gemacht, meint Georg Welles, Sprecher der Multiplex-Kette UCI Kinowelt. "Harry Potter ist im Familiensegment, Bond eher etwas für Ältere," erklärt er. "Und zwei, drei Wochen zwischen den Starts sind genügend Zeit." Selbst wenn das nicht so wäre, "wir als Kinobetreiber haben darauf keinen Einfluss", sagt Welles. Auch Johannes Klingsporn betont: "Die deutschen Verleiher mit einem Mutterkonzern in den USA können wenig am Starttermin machen."

Flop-Gefahr im Sommer

Kramer hätte es zwar schöner gefunden, wenn man die Premieren etwas weiter auseinander gelegt hätte. Auch im Sommer können schließlich große Filme starten. Mitte 2003 laufen "Terminator 3" (31.07.) und jeweils der zweite Teil von "Matrix" (05.06.) und "Tomb Raider" (14.08.) an. Andererseits, berichtet Welles, kamen dieses Jahr "Signs" und "Bad Company" im Sommer heraus – und seien jeweils nur mittelmäßig angekommen.

Vor Weihnachten seien die Vermarktungschancen besser, auch für Fanartikel, sagt Kramer. "Solche Filme sind dringend notwendig gewesen fürs Geschäft. Wir merken schon, dass uns Der Schuh des Manitu fehlt, mit immerhin zehn Millionen Besuchern."

Andere Länder, andere Steuern

Wie gut es deutschen Kinos im internationalen Vergleich geht, könne man aber nicht sagen, erklärt Kramer: Es gebe zu viele nationale Eigenheiten. "In Frankreich laufen viel weniger ausländische Filme als anderswo. Und es gibt Länder, die haben keine Filmförderungsanstalt. Oder Länder wie Großbritannien oder Österreich, wo Kinos regional unterschiedlich besteuert werden."

In Deutschland rechnen Filmverleiher- und Kino-Verband mit etwa 170 Millionen Zuschauern, etwas weniger als im Rekordjahr 2001. Für dieses Jahr, sagt Klingsporn, "hoffen wir auf dünne schwarze Zahlen" und auf einen Besucher-Endspurt. "Es ist kalt, es ist dunkel, das schreit nach Kino."