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'Koch bleibt Koch'

Mirjam Gehrke5. April 2008

Weil die Parteien in Hessen nach der Landtagswahl keine mehrheitsfähige Regierungskoalition zuwege gebracht haben, bleibt CDU-Ministerpräsident Roland Koch geschäftsführend im Amt.

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Wahlverlierer an der Macht: Der hessische Ministerpräsident Koch bleibt geschäftsführend im AmtBild: AP

Bei der konstituierenden Sitzung des neuen Landtags fand sich am Samstag (5.4.2008) in Wiesbaden kein Kandidat für die Nachfolge von Koch. Daraufhin bat Landtagspräsident Norbert Kartmann (CDU) die bisherigen Minister, Staatssekretäre und den Ministerpräsidenten, ihre Plätze auf der Regierungsbank wieder einzunehmen. Das sieht die hessische Landesverfassung so vor.

Die Regierungsmacht schien für die SPD in Hessen zum Greifen nahe – doch dann zerrannen die Hoffnungen wie Schnee in der Sonne. Zwar hat die SPD unter ihrer Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti mit knapp 37 Prozent der Stimmen ein sehr gutes Ergebnis erzielt, doch am Ende lag die CDU, trotz herber Verluste, immer noch vor den Sozialdemokraten, wenn auch nur denkbar knapp, mit gerade mal 3500 Stimmen. Sowohl der Siegestaumel der SPD und als auch die Katerstimmung der Christdemokraten, die das schlechteste Ergebnis in vier Jahrzehnten in Hessen eingefahren hatten, lösten sich aber schnell auf, als klar wurde, dass die Sitzverteilung im Landtag nicht für eine rot-grüne Regierungsmehrheit reicht.

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Die Zeit war noch nicht reif: Andrea Ypsilanti fehlte der Rückhalt in der SPD um sich mit der Stimmen der Linkspartei wählen zu lassenBild: AP

Der Wille zur Macht ließ SPD Spitzenfrau Ypsilanti wortbrüchig werden: Nachdem sie im Wahlkampf eine Zusammenarbeit der mit Linkspartei noch kategorisch ausgeschlossen hatte, wollte sie sich schließlich doch mit den Stimmen der neu in den Landtag eingezogenen Genossen zur Ministerpräsidentin wählen lassen. SPD und Grüne kommen zusammen nur auf 51 Stimmen im Landtag, CDU und FDP zusammen auf 53.

Die Linkspartei hatte sich schon zur Wahl Ypsilantis bereiterklärt, als die SPD-Abgeordnete Dagmar Metzger ankündigte, Ypsilanti in diesem Fall nicht ihre Stimme zu geben. Daraufhin verzichtete die gefühlte Wahlsiegerin, die die SPD wieder auf Augenhöhe mit der CDU geführt hatte, auf die Kandidatur zur Regierungschefin – sehr zur Freude von Ministerpräsident Roland Koch: „Das ist natürlich ein dramatisches Scheitern von Frau Ypsilanti, und auch von Herrn Beck, der entgegen seinen Versprechen diesen Weg auf der nationalen Ebene ja überhaupt erst möglich gemacht hat“, so der eigentliche Wahlverlierer Koch, dessen CDU bei der Landtagswahl 13 Punkte verloren hat und auf rund 36,7 Prozent abgerutscht ist - gleichauf mit der SPD. Der SPD-Bundesvorsitzende Kurt Beck hatte zuvor die Wahl Ypsilantis mit den Stimmen der Linkspartei für akzeptabel erklärt.

Geschäftsführende Minderheitsregierung

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Die Linkspartei - hier der Landesvorsitzende Ulrich Wilken - wollte Andrea Ypsilanti zur Regierungschefin machenBild: AP

Wie geht es jetzt weiter? SPD, Grüne und Linkspartei zusammen verfügen jedoch über die absolute Mehrheit der Stimmen im Landtag, so dass sie Beschlüsse auch gegen den Willen der Regierung durchsetzen könnten. Erste Machtprobe wird die Abschaffung der Studiengebühren in Hessen sein – ein Versprechen aus dem SPD-Wahlkampf.

Andrea Ypsilanti hat ihren Plan für eine rot-grüne Minderheitsregierung aber noch nicht endgültig aufgegeben. Sie wolle kein Geheimnis daraus mach, so die SPD-Landeschefin auf dem Parteitag der hessischen Sozialdemokraten Ende März, dass sie sich „weiterhin eine Minderheitenregierung mit den Grünen oder auch eine Ampel vorstellen kann“. Voraussetzung sei jedoch, dass die FDP „inhaltlich zur Besinnung kommt und die Blutsbrüderschaft mit Herrn Koch beendet." Auf dem Landesparteitag der hessischen SPD haben ihr die Delegierten Ende März dafür den Rücken gestärkt.

Neuwahlen vorerst ausgeschlossen

Roland Koch will höchstens ein Jahr geschäftsführend im Amt sein. Neuwahlen lehnt er rundweg ab. Eine regierungsfähige Mehrheit kommt im Landtag aber seit dem Einzug der Linkspartei nur mit drei Parteien zustande. So wie die Sozialdemokraten die FDP umwerben, streckt die CDU ihre Fühler zu den Grünen aus. Doch eine so genannte Jamaika-Koalition mit Christdemokraten und der FDP kommt für den hessischen Grünenvorsitzenden Tarek Al-Wazir zurzeit nicht in Frage: "Die hessische CDU ist immer noch die hessische CDU und Roland Koch ist immer noch Roland Koch."

Ein weiterer Ausweg wäre die Selbstauflösung des Landtages – die mit absoluter Mehrheit beschlossen werden kann. In diesem Fall müsste es binnen 60 Tagen doch Neuwahlen geben.